Antrag | 11.02.2020

Mehr dauerhaft bezahlbarer Wohnraum schaffen ist nur mit einer aktiven Bauland-Politik möglich

Warum ein Paradigmenwechsel notwendig ist

Die massiven Bodenpreissteigerungen erschweren und verhindern eine am Allgemeinwohl orientierte Stadtentwicklung. Die von vielen geforderte Bodenrechtsreform auf Bundesebene lässt auf sich warten. „Wem gehört die Stadt?“ fragen sich viele. Bestimmen nur noch die Investoren was und wo in dieser Stadt gebaut wird?
Fraktionschefin Katrin Habenschaden: „Um hier die Gestaltungs- und Planungsspielräume wieder zurückzugewinnen, muss die Stadt das Ziel verfolgen, möglichst viele Flächen dauerhaft in kommunale Hand zu holen und bei der Schaffung von neuem Baurecht den für die Allgemeinheit abzuschöpfenden Beitrag erhöhen. Dazu legen Die Grünen – Rosa Liste heute ein vierteiliges Antragspaket für eine aktive städtische Baulandpolitik vor.“

Die Grundlage dafür ist eine Neuaufstellung der Verwaltung. Die Stadtentwicklung im Planungsreferat ist der richtige Ort, um eine langfristige Bodenvorratspolitik zu steuern. Die Stadt muss ihren strategischen Vorteil nutzen und Flächen aufkaufen, bevor dort eine Entwicklung erfolgt. Dann ist auch ein Ankauf zum reduzierten Preis vor der Baurechtsschaffung möglich.

Stadträtin Anna Hanusch: „Städte wie Wien und Hamburg, aber auch Ulm oder Münster betreiben diese Politik teilweise schon seit 100 Jahren und profitieren heute davon. Es ist höchste Zeit, dass München aktiv auch in den Rückkauf von Grund und Boden zum Wohle der Allgemeinheit einsteigt.“

Das Baugesetzbuch bietet neben den Erhaltungssatzungsgebieten weitere Möglichkeiten zur Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts an. Insbesondere der § 24 bietet der Stadt die Möglichkeit, in Gebieten mit Entwicklungspotential für Wohnungsbau selbst die Flächen zu erwerben. Diese Möglichkeiten werden bisher in München nur sehr mangelhaft genutzt.

Beispiele hierfür sind der Eggarten oder die Siedlung Ludwigsfeld. Hier stellte sich erst auf unser Nachfragen heraus, dass auch ein Ankauf durch die Stadt selbst durchaus möglich gewesen wäre – aber von der Verwaltung ohne Abstimmung mit dem Stadtrat als nicht sinnvoll verworfen wurde. Dieses zögerliche Vorgehen kann sich die Stadt nicht mehr leisten. Jede Möglichkeit ein Vorkaufsrecht auszuüben sowie vorhandene Kaufangebote müssen der Politik zur Entscheidung vorgelegt werden.

Die Stadt München war einst Vorreiterin für die Entwicklung der Sozialgerechten Bodennutzung. Der Grundsatz, den Planungsgewinn bei der Baurechtsschaffung für die Allgemeinheit über Infrastrukturabgaben und Sicherung von 30% geförderten sozialen Mietwohnungsbau abzuschöpfen, war damals ein wichtiger und richtiger Vorstoß. Der Kauf dieses Anteils von bezahlbaren Wohnungen war zwar als Möglichkeit in den städtebaulichen Verträgen vorgesehen, wurde aber von den Investoren aus gutem Grund nicht angenommen. So konnten sie nach Ablauf der Bindungsfrist – je nach Fördermodell meist 25 Jahre – die Wohnungen noch einmal teuer verwerten.

Daher darf die Stadt sich bei der Schaffung von neuem Baurecht nicht mit dieser Sicherung von Sozialwohnungen für einige Jahre zufriedengeben, sondern muss einen möglichst großen Teil der neu geschaffenen Wohnungsbauflächen dauerhaft dem spekulativen Wohnungsmarkt entziehen.

Unter dem Druck auf dem Wohnungsmarkt hätte schon bei den letzten, von der GroKo ohne Beteiligung der anderen Fraktionen geführten Verhandlungen der Prozentsatz deutlich erhöht werden müssen. Die 10 % preisgedämpfte Mietwohnungen mit einer Bindung von 10 Jahren waren definitiv zu wenig.

Die Stadt muss die Quote auf mindestens 50 % statt 30% + 10 % erhöhen. Diese 50% müssen dauerhaft dem von globalen Spekulationen getriebenen Bodenmarkt entzogen und zu einem limitierten Preis an die Stadt übertragen werden. Diese 50 % der neu geschaffenen Wohnungsbaurechte können dann von der Stadt in den bewährten Verfahren vergeben werden.

Damit sind in allen Quartieren Projekte der eigenen städtischen Gesellschaften oder Vergaben an die unterschiedlichen Akteure des Wohnungsbaus mit Konzeptvergaben möglich. Über die Konzeptvergaben können neben dem Mietpreis auch die Mischung unterschiedlicher Wohnungskonzepte und besonders klimaneutrale Bauweisen klar und dauerhaft geregelt werden.

Die Abschöpfung des Planungsgewinns ist auch bei Gewerbeimmobilien eine sinnvolle Strategie – mit einem Schwerpunkt der Mitfinanzierung von Werkswohnungen.

 Hans-Jochen Vogel: 

„Es geht nur, indem der Grund- und Bodenbesitz der Gemeinden mehr und mehr ausgedehnt und erweitert wird. Und da gibt es ein glänzendes Vorbild und dieses Vorbild ist die Stadt Wien. Wien hat schon 1918 damit begonnen, sein Eigentum an Grundstücken immer weiter auszudehnen. Heute wohnen etwa 30-40 Prozent der Mieter in Wien in Wohnungen, die auf Grundstücken der Stadt oder städtischen Gesellschaften oder von Genossenschaften errichtet worden sind, an die die Stadt die Grundstücke nicht verkauft, sondern im Erbbaurecht weitergegeben hat. Mit ganz konkreten Regeln und Bedingungen.“

(https://www.fes.de/themenportal-demokratie-engagement-rechtsstaat-kommunalpolitik/artikelseite/hans-jochen-vogel-im-interview-fuer-eine-gerechte-bodenpolitik)

Unsere Anträge:

1. Basis für aktive kommunale Bodenvorratspolitik schaffen

2. Vorkaufsrecht werden konsequent genutzt

3. Mit der neuen SoBoN mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen und dauerhaft sichern

4. Wertausgleich für Baurechtsschaffung auch bei neuen Gewerbeflächen