Nach der heute abgeschlossenen Wartung einer Turbine wurden die Gaslieferungen aus Russland über Nord Stream 1 lediglich gedrosselt wieder aufgenommen. Dadurch wird ein Befüllen der Gasspeicher für den kommenden Winter deutlich erschwert. Auch die Drohungen des russischen Präsidenten lassen befürchten, dass sich die bereits bestehende Knappheit von Erdgas in Deutschland noch einmal verschärfen wird. In diesem Zusammenhang wird bereits seit einiger Zeit ein Weiterbetrieb der deutschen AKWs diskutiert, darunter Isar II, an dem die Stadtwerke München einen Anteil von 25% halten.
Der Vorsitzende der Münchner Grünen, Joel Keilhauer, sagt dazu:
„Der von manchen Parteien geforderte Weiterbetrieb der AKWs durch die Beschaffung von neuen Brennstäben ist eine politische Nebelkerze. Dies würde mindestens 12 bis 18 Monate dauern – falls sich kurzfristig überhaupt ein Hersteller findet, der kein russisches Uran verwendet. Ganz zu schweigen von neuem Atommüll, der verursacht wird und möglichen Sicherheitsrisiken bei einem Weiterbetrieb der AKWs über mehrere Jahre.
Zu einer Lösung trägt diese Forderung in der jetzigen Lage in keiner Weise bei und ist somit nichts anderes als der Versuch, die derzeitige Krise zu instrumentalisieren, um den Atomausstieg durch die Hintertür zu kippen. Die Energiekrise können wir nur bewältigen, wenn wir kurz- und mittelfristig die Erneuerbaren massiv ausbauen – nicht durch eine kopflose Verlängerung der Atomkraft.“
Der Vorsitzende der Münchner Stadtratsfraktion, Dominik Krause, erklärt weiter:
„In der aktuellen Situation halten wir es jedoch für geboten, dass die Bundesregierung eine erneute Bewertung eines Streckbetriebes von Isar II vornimmt. Dabei würden die bereits genutzten Brennelemente für einige Monate weiterverwendet, ohne dass neuer Atommüll entsteht. Laut uns vorliegenden Informationen könnten dadurch bis zu 5 TWh Strom produziert werden.
Neben der Verschärfung der Lage durch die reduzierten Gaslieferungen über Nord Stream 1 gibt es einen weiteren Aspekt, der zu berücksichtigen ist: Die Stadtwerke München bereiten sich durch Umrüstungen derzeit darauf vor, die Münchner Fernwärmeversorgung nahezu ohne Gas bereitzustellen. Dies würde ein großes Einsparpotential für Erdgas bedeuten. Dieser Weg wäre aber nur möglich, wenn die entsprechenden Strommengen, die sonst in den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen der Stadtwerke produziert werden, andernorts bereitgestellt werden.
Die Verlängerung des Betriebs von AKWs, wenn auch nur für wenige Monate, widerspricht unseren politischen Zielen als Grüne. Doch wir stehen auch in der Verantwortung, die Energieversorgung für alle sicherzustellen. Angesichts der uns vorliegenden Informationen halten wir es daher in der aktuell sehr angespannten Versorgungslage für notwendig zu prüfen, ob ein Streckbetrieb zu einer Entspannung beitragen kann.“
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden sagt:
„Die CSU hat Bayern von russischer Energie abhängig gemacht. Kein anderes Bundesland importierte 2021 annähernd so viel Gas und Öl aus Russland.
Gleichzeitig wurde durch die Staatsregierung der Ausbau von Erneuerbaren Energien verschlafen oder, beispielsweise durch die 10h-Regel, aktiv verhindert. Das rächt sich jetzt. Bayern ist nun auf Stromimporte aus den anderen Bundesländern angewiesen. Sollte der Stresstest des Bundeswirtschaftsministeriums ergeben, dass München ein Engpass bei der Stromversorgung droht, darf ein Streckbetrieb von Isar II kein Tabu sein. Die Versorgungssicherheit der Münchnerinnen und Münchner steht für mich als Bürgermeisterin an oberster Stelle. Stromengpässe würden auch unsere Unternehmen schwer treffen. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden, denn ohne eine starke Wirtschaft wären wir als Kommune nicht mehr fähig, die sozialen Härten dieser Krise abzumildern. In dieser außergewöhnlichen Situation muss Politik kompromissbereit und pragmatisch sein. Als Grüne übernehmen wir Verantwortung für München.“
Die wichtigsten Fragen zur Prüfung eines Streckbetriebes beantworten wir hier.