Antrag | 30.05.2012

Vergabe des Georg-Elser-Preises

ANTRAG
Vergabe des Georg-Elser-Preises

1. Die Landeshauptstadt München übernimmt von der Georg-Elser-Initiative die Verleihung des Georg-Elser-Preises.

2. Die Georg-Elser-Initiative wird in der Jury angemessen berücksichtigt.

3. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen.

4. Der Georg-Elser-Preis wird vergeben an Personen, die sich durch Zivilcourage, zivilen Ungehorsam und unerschrockenes Handeln gegen undemokratische Entwicklungen der Gesellschaft hervorgetan haben und/oder die bereit waren, sich für Schwache einzusetzen, die selbst keine Stimme haben.

5. Der Preis soll insbesondere auch vergeben werden an Personen, Initiativen und Institutionen, die sich beispielhaft gegen rechtsextreme Tendenzen und Gruppierungen einsetzen.

Begründung:

Georg Elser hat am 8. November 1939 mit einem Attentat auf Hitler und seine Entourage im Münchner Bürgerbräukeller versucht, den II. Weltkrieg zu beenden „und weiteres Blutvergießen zu verhindern“. Weil Hitler 13 Minuten zuvor bereits den Bürgerbräukeller verlassen hatte, schlug das Attentat fehl.

Die Tag Georg Elsers ist exemplarisch. Sie zeigt, dass der Einzelne/die Einzelne auch ohne Organisation im Hintergrund Entscheidendes zum Kampf gegen totalitaristische Strukturen und undemokratisches Handeln beitragen kann. Die Tat Georg Elsers ist die dauerhafte Mahnung daran, dass Demokratie jeden und jede EinzelnEn – und gerade die Unangepassten – braucht. Und sie widerlegt die Ausrede vieler nach 1945, dass man/frau ja nichts wusste und nichts tun konnte. Elser war das schlechte Gewissen der Nachkriegszeit, weshalb seine Tat lange keine Beachtung fand oder sogar diffamiert wurde.

Erst durch das Auffinden der Verhörprotokolle und Forschungen seit den 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde die Tat Georg Elsers in ihrer gesamten Dimension bekannt.

Die Georg-Elser-Initiative München hat seit Beginn der 90iger Jahre dafür gekämpft, Georg Elser seinen Platz in der Geschichte des Deutschen Widerstandes zu verschaffen – und zwar neben der „Weißen Rose“ und dem Widerstand des „20. Juli“. Mit Vorträgen, Broschüren, Veranstaltungen, Talk-Shows und Stadtführungen und ähnlichem hat sie das Interesse an Elser geweckt und wachgehalten. In dieser Zeit konnte viel erreicht werden: Ein Platz – wenn auch ohne Adresse – wurde 1997 an der Türkenstraße in unmittelbarer Nähe der Wohnung Georg Elsers nach ihm benannt. Ein Kunstwerk an der Westfassade der Türkenschule wurde angebracht und leuchtet jeden Tag eine Minute auf und zeigt das Datum: 8. November 1939.

Alle Aktivitäten der Initiative waren überparteilich, Redner stammten aus allen demokratischen Parteien. Vertreten waren StadträtInnen und Landräte genauso wie Minister und Bürgermeister.

Der jetzige Georg-Elser-Preis wurde im Jahr 2000 in München ins Leben gerufen und 2001 zum ersten mal verliehen. Damals an den Pfarrer der Berliner Kreuzkirche, Jürgen Quandt, der als einer der ersten Pfarrer sich bereit erklärte Kirchenasyl zu gewähren. Der Preis wurde alle zwei Jahre vergeben – ein Rhythmus, der auch für die Zukunft beibehalten werden sollte.

Weitere Preisträger bisher waren, teilweise über kooperierende Georg-Elser-Initiativen in anderen Städten, u. a. folgende: Das Komitee der russischen Soldatenmütter, Staatsanwalt Winfried Maier, der unbeirrt die Ermittlungen gegen Max Strauss führte, Elias Bierdel als Nachfolger von Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck, Beate Klarsfeld.

Die Gründerin der Georg-Elser-Initiative hat den Georg-Elser-Preis patentieren lassen. (Marke Nr.: 30 2009 060 096 „Georg-Elser-Preis“; Markeninhaberin: Frau Hella Schlumberger; Patent vom 21. 10. 2009) Damit ist sichergestellt, dass in Absprache mit der Markeninhaberin die Stadt München einen Georg-Elser-Preis vergeben kann. Das Kulturreferat wird gebeten, mit der Leiterin der Georg-Elser-Initiative in Verbindung zu treten, um die Modalitäten der Preisvergabe zu eruieren und vertraglich zu vereinbaren.

Die Georg-Elser-Initiativen haben den Preis insgesamt sechsmal vergeben, dreimal davon in München. Die Idee eines durch bundesdeutsche Städte ziehenden Georg-Elser-Preises hat sich aber als unrealistisch herausgestellt. Um für andere Aktivitäten in der Erinnerungsarbeit für Georg Elser Kapazitäten frei zu bekommen hat die Initiative beschlossen, den Georg-Elser-Preis an die Stadt abzugeben, wenn die Georg-Elser-Initiative sich personell und inhaltlich in dem dann entstehenden Preis wiederfindet.

Um dies zu gewährleisten soll eine Jury entstehen, in der die Georg-Elser-Initiative entsprechend berücksichtigt werden muss. Sinnvoll wäre eine Jury, die zum einen StadträtInnen einbindet, gleichzeitig aber eben auch die Georg-Elser-Initiative sowie in angemessenen Umfang Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Es gibt derzeit in ganz Deutschland keine Stadt, die einen Georg-Elser-Preis verleiht. Es gibt aber auch nur eine Stadt, in der er verliehen werden kann – aber auch muss: München. Die Tat Georg Elsers ist für den deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, aber auch im Rahmen der vielfältigen Widerstandsgruppen und – handlungen in München einzigartig. Ein dauerhaft vergebener Georg-Elser-Preis würde München gut zu Gesicht stehen – und zeigen, dass sich München ganz aktuell den demokratischen Auseinandersetzungen und den Gefährdungen der Demokratie mit einem solchen Preis stellt.

München sollte sich mit dem Georg-Elser-Preis schmücken.

Michael Leonhard
SPD-Fraktion
Siegfried Benker
B 90/Die Grünen – rosa liste