Antrag | 19.03.2010

Unterstützung des Projektes ZIE-M (Zentrum für Islam in Europa München)

Antrag

Unterstützung des Projektes ZIE-M (Zentrum für Islam in Europa München)

In München leben ca. 100.000 Musliminnen und Muslime. Sie sind sie seit Jahrzehnten in München wohnhaft und Teil unserer Stadtgesellschaft. Sie kommen aus 63 Herkunftsstaaten. Verbunden sind sie mittlerweile durch ihre Identität als Münchnerinnen und Münchner, ihren Glauben und die deutsche Sprache.

Wie viele andere Zuwanderinnen und Zuwanderer auch haben sie zur Prosperität unserer Stadt beigetragen. Das vom Stadtrat einstimmig angenommene Integrationskonzept zielt darauf ab, ihnen wie allen anderen Bürgerinnen und Bürgern auch die gleichberechtigte Teilhabe an den Kernbereichen unserer städtischen Gesellschaft, von Bildung über Kultur bis hin zu Arbeit und Wohnen zu ermöglichen.

Obwohl ihnen das Grundgesetz die Ausübung ihrer Religion zusichert, ist ihnen dies in der Regel nur in sogenannten Hinterhofmoscheen möglich. Die in den Moscheegemeinden tätigen Imame sprechen häufig kein Deutsch, sind – wenn überhaupt – in den Herkunftsländern ausgebildet und haben in der Regel wenig Verständnis über die deutsche Gesellschaft entwickelt. Außerdem wird von der Gesellschaft die Bedeutung der islamischen Kunst und Kultur in Europa kaum zur Kenntnis genommen.

Das große Bedürfnis der Münchner Musliminnen und Muslime nach einer Moschee, zentral in München gelegen, in der sie ihren Glauben angemessen und würdevoll praktizieren können, ist ebenso nachvollziehbar wie ihr Wunsch Imame zu haben, die in Deutschland ausgebildet wurden. Es muss auch Ziel der deutschen Gesellschaft und Politik sein, Imame für deutsche Muslime in Deutschland in Zusammenarbeit und unter Mitwirkung des Freistaats Bayern auszubilden.

Das an die Landeshauptstadt München herangetragene Konzept ZIE-M, bestehend aus einer Moschee, einem Gemeindezentrum, einer Akademie zur Ausbildung von Imamen, ReligionslehrerInnen bzw. ReligionspädagogInnen und SeelsorgerInnen, einer Bibliothek und einem Museum, getragen von einem multiethnischen Moscheeverein, umfasst alle Elemente, die nötig sind, um eine weitere Integration von Musliminnen und Muslimen zu unterstützen. Es ist ein Projekt, das dazu beitragen kann, dass der Islam als eine der drei großen abrahamischen Religionen den ihm zustehenden Platz erhält.

Ein lebendiges Gemeindezentrum, getragen von einer multiethnischen Gemeinde, die sich in München zu Hause fühlt, verbunden mit einer Moschee, einer Aus- und Fortbildungsstätte für TheologInnen und islamischen ReligionslehrerInnen bzw. -pädagogInnen, die in unserer heutigen europäischen Gesellschaft verwurzelt sind und einem Museum, das sich sowohl mit der jahrhundertealten Geschichte der islamischen Kultur in Europa als auch mit der aktuellen

zeitgenössischen Kunst auseinandersetzen soll, bietet hier eine einmalige Chance zur Entwicklung eines in Europa verwurzelten Islams.

Ein solches Projekt kann nur im engen Schulterschluss zwischen Landeshauptstadt München, Freistaat Bayern sowie der muslimischen Gemeinschaft in München realisiert werden. Dies gilt insbesondere auch für die Entwicklung eines tragfähigen Finanzierungskonzeptes.

Als deutliches Signal an die muslimischen Bürgerinnen und Bürger von München beantragen die Stadtratsfraktionen der SPD, der CSU, von Bündnis 90/Die Grünen/rosa liste sowie der FDP:

1. Die Landeshauptstadt München unterstützt das Projekt ZIE-M, bestehend aus den geplanten Bausteinen Gemeindezentrum, sozialen Einrichtungen, Akademie, Moschee,Bibliothek und Museum und setzt sich für die Realisierung ein.

2. Die Landeshauptstadt München erwartet von ZIE-M e.V. den Nachweis einer gesicherten Finanzierung des vorgeschlagenen islamischen Zentrums.

3. Die Landeshauptstadt München unterstützt den Verein bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück in der inneren Stadt und erklärt ihre Bereitschaft, erforderlichenfalls die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.

4. Die Landeshauptstadt München unterstützt ZIE-M bei seinen Bemühungen, vom Freistaat Bayern Anerkennung und finanzielle Unterstützung für die Imam-Ausbildung zu erlangen.

a) Der Oberbürgermeister bzw. der 3. Bürgermeister wird gebeten, Kontakt mit dem Freistaat Bayern aufzunehmen, mit dem Ziel, dass der Freistaat Bayern das Projekt ideell und finanziell unterstützt.

b) Der Oberbürgermeister bzw. der 3. Bürgermeister wird gebeten, mit dem bayerischen Wissenschaftsminister Kontakt aufzunehmen und nach Wegen zu suchen, wie es zu einer akademischen Aus- und Fortbildungsstätte für Imame in München kommen kann.

c) Der Oberbürgermeister bzw. der 3. Bürgermeister wird gebeten, mit dem bayerischen Kultusminister Kontakt aufzunehmen, um auszuloten, ob islamische ReligionslehrerInnen und ReligionspädagogInnen in ZIE-M entsprechend aus- und fortgebildet werden können.

Begründung:

ZIE-M e.V. ist ein multiethnischer Moscheeverein, getragen von überwiegend in München lebenden Musliminnen und Muslimen, die häufig auch in anderen Moscheevereinen tätig sind, aber auch nicht-muslimischen Mitgliedern. Damit wird die breite Unterstützung des Projektes in der muslimischen Bevölkerung in München deutlich. ZIE-M e.V. ist eine Initiative, die die bisherige muslimische Vergangenheit in diesem Land überwinden will, um sich der Lebensrealität in einer pluralistischen Gesellschaft zu stellen.

Der Islam soll „fernab von traditionellen, nationalen, politischen und ideologischen Einflüssen eines aus anderen Regionen exportierten Religionsverständnisses“ im Rahmen unserer, dem Grundgesetz verpflichteten Gesellschaft weiterentwickelt werden. ZIE-M ist offen für alle, soll ein Ort der Kommunikation werden und sieht sich als eine Schnittstelle zwischen der muslimischen und der nicht-muslimischen Bevölkerung.

Bewusst wird seitens des Vereins darauf verwiesen, dass die Rollen von Frau und Mann gleichberechtigt sind. Deutschland – das Land, an dem sich die neue Identität ausrichtet – und die deutsche Sprache sind für ZIE-M unabdingbare Kriterien des gemeinsamen Lebens in und außerhalb der Moschee.

Alle Stadtratsfraktionen führten Gespräche mit ZIE-M und besuchten die Moschee der Islamischen Gemeinde in Penzberg, die vom Imam Benjamin Idriz, gleichzeitig Vorsitzender des inzwischen in München gegründeten Vereins ZIE-M e.V., betreut wird. Die Islamische Gemeinde Penzberg gilt weit über Penzberg hinaus als positives Beispiel für Transparenz und Integration. Alle Fraktionen waren und sind von der Konzeption überzeugt. Gerade aus Integrationsgesichtspunkten ist das Konzept von ZIE-M mit jedem seiner einzelnen Bausteine zu begrüßen.

1. Das Gemeindezentrum soll einen Kindergarten und Angebote für SeniorInnen umfassen, die für alle zugänglich sein werden und die Funktion einer interkulturellen Begegnungsstätte erfüllen.

2. Die Akademie für die Ausbildung von Imamen und ReligionslehrerInnen und ReligionspädagogInnen stellt sicher, dass diese Personen hier vor Ort in deutscher Sprache und vor dem kulturellen Hintergrund der deutschen Lebenswelt ausgebildet werden.

3. Die Moschee soll nicht nur der zentrale und repräsentative Ort des Glaubens und des Gebets für die Muslime in München sein, sondern auch ein Ort für interessierte Nichtmuslime, die sich über den gelebten Islam informieren möchten.

4. Die Bibliothek soll für alle zugänglich sein, um sich über die Theologie des Islams informieren zu können.

5. Das Museum soll die Brücke schlagen zwischen dem muslimisch geprägten Orient und dem christlich geprägten Okzident, soll Verbindungen in die europäischen Kulturgeschichte aufgreifen und ein Ausstellungsort zu Themen über den Islam in München werden. Wir glauben, dass das Projekt ZIE-M eine Leuchtturmfunktion über die Grenzen Münchens hinaus für die Zukunft haben wird.
 

SPD Fraktion CSU-Fraktion Fraktion Grüne-RL FDP-Fraktion
Alexander Reissl Josef Schmid Siegfried Benker Dr. Michael Mattar
Lydia Dietrich