Was, wenn ein Computer-Update plötzlich von der weltpolitischen Lage abhängt? Wenn Handelskonflikte dazu führen, dass auf Dateien in der Cloud nicht mehr zugegriffen werden kann? Es ist bitter, doch diese Fragen gehören nicht mehr in den Bereich dystopischer Science-Fiction. Seit Donald Trumps Amtsantritt sind die Beziehungen zu den USA schwierig geworden. Deshalb stellt sich auch für München die Frage, wie die städtische IT unabhängiger von – nicht nur – US-Konzernen werden kann. Die Fraktion Die Grünen – Rosa Liste, nun zusammen mit Volt, will deswegen, dass die Stadt ihre digitale Souveränität strategisch und noch konsequenter ausbaut. Ein entsprechendes Antragspaket hat sie an diesem Donnerstag eingereicht.
Die Stadt legt seit jeher großen Wert auf Open-Source-Lösungen, sie erarbeitet selbst Anwendungen und treibt Projekte wie das Open Source Dashboard voran, auf dem Software zum Download bereitgestellt wird. Gleichzeitig arbeitet die Stadtverwaltung mit Diensten kommerzieller Anbieter*innen – auch aus den USA. Das birgt allerdings Risiken, die sich in der aktuellen politischen Lage verschärfen. Im Handelsstreit greift die US-Regierung den Digital Services Act der EU frontal an: US-Präsident Donald Trump will die EU-Digitalgesetze zum Datenschutz aufweichen. Auf der anderen Seite behält die EU-Kommission das Druckmittel in der Hinterhand, digitale Dienstleistungen aus den USA mit Strafzöllen zu belegen.
Diese globalen Umstände zeigen, wie wichtig es ist, die städtische Abhängigkeit von proprietärer Software, also Software, die kommerziell an Kund*innen verkauft oder lizensiert wird, zu verringern. Wenn Verträge auslaufen, soll die Stadt deswegen vorrangig nach Open-Source-Lösungen suchen. Diese Strategie verfolgt sie bereits seit 2020. Die Fraktion will mit ihrem Antragspaket erreichen, dass dies künftig mit mehr Nachdruck verfolgt wird. Die IT-Lösungen müssen dabei gute Schnittstellen und durch offene ISO-Standards eine hohe Kompatibilität zu anderen – möglichst ebenfalls nicht-kommerziellen – Anwendungen bieten.
Dort, wo Open-Source nicht möglich ist, fordert die Fraktion, dass mit kommerziellen Firmen weitere Sicherheitsgarantien ausgehandelt werden. Die Verträge müssen so gestaltet sein, dass ein Anbieter*innenwechsel für die Stadt ohne hohe Mehrkosten und -aufwand möglich ist. Gerade bei IT-Systemen führt dieser sogenannte Lock-In-Effekt für Organisationen immer wieder zu großen Problemen, weil sie sich zu eng an eine Privatfirma gebunden haben und sich von dieser dann nur mit großen Mühen trennen können. Es kommt zudem vor, dass Konzerne ihre Lizenzgebühren erhöhen und Kommunen so vor die Frage stellen, die Kosten widerwillig zu schlucken oder ohne funktionierende PCs dazustehen. Die Stadt muss deshalb zwingend darauf vorbereitet sein, wie ein Umstieg auf andere IT-Lösungen reibungsfrei gelingen kann.
Judith Greif, digitalpolitische Sprecherin Die Grünen – Rosa Liste: „Wir wollen eine digital stark aufgestellte und innovative Stadt. Deshalb ist München schon heute eine Vorreiterin bei Open-Source-Lösungen. Dieser Weg ist in diesen politisch unsicheren Zeiten wichtiger denn je. Es kann nicht sein, dass wir uns als Kommune ohne Not der undurchsichtigen Preispolitik von Großkonzernen ausliefern – oder den tagespolitischen Launen eines Donald Trump. Unsere Strategie muss zwingend unsere digitale Souveränität sein. Das ist machbar, wir müssen diesen Weg nur entschlossen und konsequent gehen. Mit unseren Antragspaket gehen wir dabei einen weiteren wichtigen Schritt.“