Pressemitteilung | 03.02.2021

Straßennamen: Verdiente Frauen im Stadtbild sichtbar machen

Benennungen nach Henny Seidemann, Friederike Nadig, Marie Juchacz und Lilli Kurowski sind wichtiger Schritt

Die Fraktion Die Grünen – Rosa Liste begrüßt die im Kommunalausschuss am Donnerstag, 4. Februar, anstehenden Straßenbenennungen.

Stadträtin Gudrun Lux: „Endlich benennen wir eine Straße nach Friederike Nadig!“ Nadig (1897-1970) ist die einzige der vier „Mütter des Grundgesetzes“, die bislang in München nicht durch einen Straßennamen geehrt wird. „Gemeinsam mit Elisabeth Selbert setzte sie die Aufnahme des Artikels 3, Abs. 2 durch: ‚Männer und Frauen sind gleichberechtigt.‘ Ein Meilenstein – auch wenn wir wissen, dass noch viele Jahrzehnte eines steinigen Weges zu meistern waren und sind, auf dem Wege der Gleichberechtigung“, so Lux. Die Friederike-Nadig-Allee soll auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne ausgewiesen werden.

„Sie war die erste Frau, die in der Weimarer Nationalversammlung sprach und sie wurde so zur ersten parlamentarischen Stimme der Frauen in Deutschland“, so Lux über die Frauenrechtlerin Marie Juchacz (1879-1956), die ebenso in Feldmoching-Hasenbergl mit einer Straßenbenennung geehrt werden soll. „Ihr Einsatz, ihr Zeugnis, ihr Wirken – wir Feministinnen von heute können uns nur verneigen in tiefer Dankbarkeit.“ Juchacz musste als Sozialdemokratin während des Nationalsozialismus fliehen. In New York kümmerte sich um die Versorgung und Unterstützung anderer Flüchtlinge und ab 1945 organisierte sie Hilfslieferungen ins Nachkriegsdeutschland.

Auch die Würdigung der Münchner Frauenrechtlerin Lilli Kurowski (1939-2019) sei wohlverdient und richtig, so Lux. „‘Ein Leben für die Schwachen‘ so überschrieb die Süddeutsche Zeitung im Januar 2019 den Nachruf auf Lilli Kurowski. Zu Recht! Eine beeindruckende Frau, die nicht locker gelassen hat und immer mit vollem Herzen an der Seite derer stand, die Hilfe brauchten. Für die kleinen Leute, die keinen Ausweg gewusst haben, hat sie gekämpft wie eine Löwin“, so Lux.

Die Jüdin Henny Seidemann (1922-2012) überlebte den Nationalsozialismus als Jugendliche in Barcelona und München. Sie war Mitgründerin des Frauenvereins Ruth und kümmerte sich um traumatisierte Holocaust-Überlebende. Sie war Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und hielt als Zeitzeugin unzählige Vorträge. Seidemann war Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und der Medaille „München leuchtet“. Stadtrat Christian Smolka: „Henny Seidemann hat wahrlich dazu beigetragen, dass München nach dunkelster Zeit auch wieder leuchten konnte. Sie war zum Dialog bereit. Ich bewundere diese kleine Frau für ihre Größe. Nach all dem Schrecklichen, das sie durchlebt hatte, hat sie mit offenem Herzen Gemeinsamkeiten und Versöhnung gesucht.“

Auch die Teilumbenennung Am Isarkanal in Kurt-Lichtwitz-Straße begrüßt die grün-rosa Fraktion ausdrücklich. „Jüdisches Leben ist Teil unserer Stadt. Kurt Lichtwitz (1881-1933) war ein großer Humanist, dessen Klinik ab April 1933 als ‚jüdischer Betrieb‘ boykottiert wurde, und der im Mai 1933 unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Die Initiative der örtlichen Bezirksausschüsse, ihn mit einer Straßenbenennung zu ehren, greift der Stadtrat zu Recht auf“, so Smolka.

Die grün-rosa Fraktion unterstützt auch die Initiative ihrer Koalitionspartnerin, der SPD-Volt-Fraktion, den bisherigen Coubertinplatz im Olympiapark nach dem vor wenigen Monaten verstorbenen großen ehemaligen Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (1926-2020) zu benennen. „Vogel war maßgeblich an der Münchner Bewerbung für Olympia 72 beteiligt, ein für München identitätsstiftendes großes Sportereignis“, so Stadtrat Bernd Schreyer. Hervorzuheben sei insbesondere sein intensives Engagement – bis zu seinem Lebensende – für eine Bodenrechtsreform. „Dass auch sein geliebtes München massiv unter Bodenspekulation litt, konnte Vogel nicht hinnehmen. Sein Herzblut galt in seinen späten Jahren einer sozialen Bodenrechtsreform. In seinem Sinne werden wir uns hier weiter einsetzen“, so Schreyer.

Dem Kommunalausschuss, der am Donnerstag tagt, werden 13 Straßenbenennungen vorgeschlagen. Sieben der Straßen sollen nach Frauen, sechs nach Männern benannt werden. „Wir drängen darauf, den Anteil von Benennungsvorschlägen nach verdienten Frauen spürbar zu steigern“, so Gudrun Lux.