Mit seinem Urteil zu Vorkaufsrechten in Erhaltungssatzungsgebieten hat das Bundesverwaltungsgericht Deutschlands Städten und Kommunen eines der wirksamsten Instrumente zum Mieter*innen- und Milieuschutz genommen. Grüne, SPD und Linke fordern von der Verwaltung, den Münchner Stadtrat trotzdem weiterhin umfassend über Vorkaufsimmobilien zu informieren.
Dem BVerwG-Urteil vom 9. November entsprechend kann die Stadt München Vorkaufsrechte in aller Regel nur dann noch ausüben, wenn mehr als die Hälfte der Wohneinheiten in den betreffenden Häusern nicht bewohnt sind (51-Prozent-Regel). So unverständlich die Urteilsbegründung des BVerfG, so eindeutig ist die Position der grün-rosa Fraktion: Das Thema Vorkaufsrechte muss im Stadtrat weiterhin mit hoher Priorität behandelt werden. Gemeinsam mit den Fraktionen SPD/Volt und Die Linke/die Partei fordert die Fraktion die Grünen – Rosa Liste daher in einem Änderungsantrag zur morgigen Vollversammlung, dass das Kommunalreferat den Stadtrat auch weiterhin über die Eckdaten (Lage, Kaufpreis, Verkehrs- und Ertragswert, Anzahl der Wohnungen, Grund- und Wohnfläche, Käufer) der betroffenen Wohngebäude informiert – unabhängig davon, dass das BVerfG mit seinem Urteil vorerst die Ausübung von Vorkaufsrechten blockiert hat.
Dazu sagt die Vorsitzende der Grün-Rosa-Fraktion, Anna Hanusch: „Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist doppelt bitter, weil die Urteilsbegründung die Lebensrealität in den Städten ignoriert und von Verdrängung bedrohte Mieter*innen das jetzt unmittelbar zu spüren bekommen. In mehreren Fällen, in denen wir das Vorkaufsrecht nach bisheriger Praxis sicher ausgeübt hätten, sind uns nach aktueller Rechtslage die Hände gebunden. Wir bitten den Oberbürgermeister daher, sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bei der neuen Bundesregierung dafür stark zu machen, die zugrunde liegenden Rechtsnormen umgehend anzupassen.“
Stadträtin Sibylle Stöhr (die Grünen) ergänzt: „Beim Vorkaufsrecht geht es nicht ausschließlich um ein Instrument, das vor Verdrängung und Gentrifizierung schützt und mehr soziale Gerechtigkeit schafft. Es geht um den Erhalt lebenswerter, gemischter Viertel in unseren Städten. Und das geht alle etwas an, unabhängig von Vermögen und Einkommen. Das Thema Vorkaufsrechte nun einfach ad acta zu legen, kommt für uns jedenfalls nicht infrage. Dranbleiben! Das sind wir den von Verdrängung bedrohten Münchner*innen schuldig. Wir appellieren an alle Hausbesitzer*innen, sich gut zu überlegen, an wen sie ihre Immobilie verkaufen und diese nicht der Immobilienspekulation zu überlassen, sondern an die Stadt, an Genossenschaften oder an das Mietshäusersyndikat zu verkaufen. Nur so bleiben der Allgemeinheit in der aktuellen Lage mehr der nicht vermehrbaren Güter ‚Grund und Boden‘ dauerhaft erhalten.“
Bild oben: Ellen Auer via Unsplash