Pressemitteilung | 30.07.2008

Sitzen bleiben abschaffen!

P R E S S E M I T T E I L U N G
Diese Woche erhalten die Schülerinnen und Schüler in Bayern ihre Zeugnisse. Viele von ihnen werden die Klasse wiederholen müssen. Letztes Jahr waren es allein in München über 5.000. Diese Zeitverzögerung in der Schullaufbahn verursacht Kosten von stadtweit insgesamt annähernd 25 Mio. €.

Die Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa liste hat daher beantragt, einen Aktionsplan zu entwickeln, mit dem die Wiederholerquoten an den Münchner Schulen gesenkt werden können. Stadtrat Dr. Florian Roth schlägt vor, Schüler mit schulischen Problemen z.B. mit effizienten Frühwarnsystemen, individueller zielgerichteter Förderung (ggf. auch in den Schulferien) und umfassendem Ganztagsunterricht zu unterstützen.

Dr. Florian Roth: „Sitzen bleiben ist nicht nur eine Verschwendung von Lebenszeit, sondern verschlingt auch Gelder, die viel sinnvoller eingesetzt werden könnten, um betroffene Schüler und Schülerinnen besser zu fördern.“

Nach Berechnungen des BLLV (Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband) belaufen sich in Bayern die durch Klassenwiederholungen verursachten Kosten gar auf 280 Mio. €. Der Freistaat hat die bundesweit höchste Wiederholerquote. In Baden-Württemberg etwa ist der Prozentsatz nur halb so groß. In anderen Bundesländern – wie Hamburg, Bremen und Berlin – wird das Sitzen bleiben gerade in Teilbereichen abgeschafft. Bei den PISA-Spitzenreitern wie Finnland, Norwegen und Japan gibt es kaum Sitzenbleiber.

Laut Nationalem Bildungsbericht kommt es „bei durchschnittlich jedem dritten Schüler im Verlauf seiner Schullaufbahn zu zeitlichen Verzögerungen“ – eine im internationalen Vergleich hohe Quote. Der Bildungsbericht macht in diesem Zusammenhang auch darauf aufmerksam dass sich im Durchschnitt die Leistungen von Schülern, die eine Jahrgangsstufe wiederholten, kaum verbessern. Außerdem stellt das „Durchfallen“ oftmals eine eher demotivierende Frustrations- und Ausgrenzungserfahrung dar und verzögert Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsbiografien auf eine volkswirtschaftlich schädliche Weise.

Dr. Florian Roth: „Wir GRÜNE wollen das Sitzen bleiben abschaffen (wie etwa die GEW und der BLLV auch) – und das Geld lieber in bessere Förderung und Ganztagsangebote investieren. Wer vielleicht nur in einigen Fächern Defizite hat, sollte deshalb nicht ein ganzes Jahr in allen Fächern noch einmal absolvieren müssen – hier gibt es intelligentere Lösungen und zielgenauere Maßnahmen. Doch die Stadt München kann nicht die Schulordnung ändern – hier ist der Landesgesetzgeber gefragt.

Was München aber tun kann, ist, durch besondere Förderprogramme die Wiederholerquote weiter zu senken. Dies ist z.T. schon geschehen. So sind die Quoten etwa in der 8. Jahrgangsstufe der städtischen Realschulen in den letzten Jahren um fast die Hälfte gesunken. Und an einzelnen Schulen und Klassen mit intensivster Förderung und Ganztagsunterricht konnte die Anzahl derer, die nicht in die nächste Jahrgangsstufe vorrückten, auf Null oder annähernd Null reduziert werden.

Die Stadt kann aber noch mehr tun: Mittelfristig sollen an allen städtischen Schulen die besonders erfolgreichen Modelle ausgeweitet und die Wiederholerquoten weit deutlicher gesenkt werden. Das ist nicht nur pädagogisch sinnvoller, sondern kommt letztlich auch billiger als das Wiederholen einer ganzen Jahrgangsstufe. In Zukunft sollte das Wiederholen von Klassen nur noch in Ausnahmefällen notwendig sein.“