Münchens internationales Engagement

von Hep Monatzeder

Kommunale Entwicklungszusammenarbeit (KEZ) ist  zwar – anderes als in anderen europäischen Ländern –  bisher keine Pflichtaufgabe und nicht mit staatlichen  Entwicklungsgeldern ausgestattet, doch sind die deutschen Städte heute wichtige Akteure und gefragte Part ner für südliche Kommunen ebenso wie für staatliche  und private Entwicklungsorganisationen.

Dies hat auch damit zu tun, dass die Städte in den  letzten Jahren stärker in den Fokus der internationalen  Entwicklungsagenda gerückt sind. Inzwischen leben  mehr als 50 % der Weltbevölkerung in urbanen Zentren  und die schnell wachsenden Megacities stehen vor  immensen Herausforderungen. Das Know How der  deutschen Kommunen und das deutsche Modell der  kommunalen Selbstverwaltung sind gefragt und man  setzt auf einen praxisbezogenen Erfahrungsaustausch  auf Augenhöhe.

Die Stadt München ist seit Mitte der 90er Jahre in  der Entwicklungszusammenarbeit aktiv – in der Zeit  wurden die Städtepartnerschaft mit Harare und die  Klimabündnis-Partnerschaft mit dem Volk der Asháninka im Peruanischen Regenwald gegründet. Später  kamen weitere Projektpartnerschaften dazu wie z.B.  die Zusammenarbeit mit Batticaloa, Sri Lanka, oder die  Projekte von rückkehrenden Flüchtlingen im Kongo, in  Burkina Faso und Afghanistan.

Das Konzept für die Münchner KEZ, das der Stadtrat  im Juni 2010 verabschiedet hat, ist der Rahmen für  das entwicklungspolitisches Engagement der Stadt  München, aber auch Legitimation für die Fachreferate,  die sich für ihr internationales Engagement vorher oft  rechtfertigen mussten.

Ein Themenschwerpunkt des KEZ-Konzepts liegt mir  besonders am Herzen: die Förderung der Zivilgesellschaft in unseren Partnerstädten Kiew und Harare.  Ich bin ich seit vielen Jahren mit simbabwischen Bürgerrechtsaktivisten im Kontakt und habe ihre Arbeit  immer wieder unterstützt. Vor ihrem ausdauernden,  mutigen und ideenreichen Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit habe ich hohen Respekt.  Ich bin der Überzeugung, dass Simbabwe nur mit  einer starken und selbstbewussten Zivilgesellschaft  eine Zukunftschance hat, und dass wir über die Städtepartnerschaft hier wichtige Impulse setzen können.

Ähnliches gilt für die Ukraine, die nach der schwungvollen orangenen Revolution nun wieder in alte Zeiten  zurückzufallen droht. 2010 luden wir Vertreterinnen  und Vertreter aus Kommunalpolitik, Bürger- und Menschenrechtsorganisationen aus allen drei Städten zu  der Konferenz „Zivilgesellschaft in Harare, Kiew und  München“ ein.  Mit Kiew wurde eine Kooperation im Bereich der  HIV-Prävention vereinbart. Neben dem fachlichen  Austausch geht es vor allem darum, die Position der  Betroffenen in Kiew zu stärken und die Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden zu verbessern. Über  diese Schiene kamen schwul-lesbische Gruppen beider  Städte in Kontakt und gründeten 2012 eine sehr aktive  Szenepartnerschaft. Menschenrechtsarbeit steht hier  ganz oben auf der Tagesordnung, denn in der Ukraine  werden sexuelle Minderheiten stark diskriminiert. Gesetzliche Verbote drohen und der im Mai 2012 in Kiew  erstmals geplante CSD, zu dem auch Stadträtin Lydia  Dietrich gereist war, musste wegen der Übermacht gewaltbereiter Gegendemonstranten abgesagt werden.

Neu ist auch die Zusammenarbeit mit ukrainischen  Umweltgruppen. Für sie ist der Austausch mit der  Stadt München nicht nur aus fachlicher Sicht wichtig,  sondern er stärkt auch ihre Position gegenüber den  Behörden. Möglicherweise ergibt sich daraus bald  ein Gemeinschaftsprojekt – im Gespräch ist eine von  Münchner und Kiewer Anteilseignern getragene Bürgersolaranlage auf den Dächern von Kiew.

In Harare haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Bürgerorganisationen in unsere Kooperationen  mit der Stadtverwaltung einzubinden, etwa bei dem  Projekt „IT-Konzept für die Stadt Harare“. Es hat zum  Ziel, das Finanzmanagement der Stadt Harare durch  IT-Unterstützung funktionsfähiger, transparenter und  damit weniger korruptionsanfällig zu machen.

Aber auch die Münchner Zivilgesellschaft spielt eine  enorm wichtige Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit. Mehr als 200 Akteure engagieren sich in München  für eine gerechtere Welt – professionelle Entwicklungsorganisationen und Stiftungen, ehrenamtliche Vereine  und Eine-Welt-Gruppen, Unternehmen, Schulen oder  Kirchengemeinden. Besonders freut es mich, dass sich  immer mehr Migrantinnen und Migranten darunter  befinden, die aufgrund ihrer sprachlichen und kulturellen Kompetenzen, Kontakte und Ortskenntnisse  wichtige Beiträge leisten können. Wäre eine weitere  Städtepartnerschaft, in die Münchner Migrantinnen  und Migranten von Anfang an intensiv eingebunden  sind – vielleicht mit einer Stadt in einem muslimischen  Land – nicht eine logische Konsequenz aus diesem  wachsenden Engagement?