Der Stadtrat hat heute beschlossen, eine Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt einzurichten. Der Verwaltungs- und Personalausschuss folgte damit einem Antrag der Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa liste, die die Stelle im vergangenen Herbst angeregt hatte, als eine Dokumentation enthüllte, dass die Landeshauptstadt und der Landkreis München ein Schwerpunkt rechtsextremer Gewalttaten sind. Das Direktorium hat nun den Auftrag, einen geeigneten freien Träger für die Opferberatungsstelle zu finden. Die Stadt wird zwei Stellen, Miete und sonstige Kosten mit ca. 240.000 € jährlich bezuschussen.
Fraktionsvorsitzende Gülseren Demirel begrüßte den Beschluss als „leider notwendige Maßnahme“, um den Opfern rechtsextremer und rassistischer Gewalt Unterstützung anzubieten und einschlägige Übergriffe zu dokumentieren.
Von den 2012 in ganz Bayern registrierten 63 Fällen entfielen 25 auf die Landeshauptstadt und weitere 6 auf das Münchner Umland. In dieser offiziellen Statistik sind jedoch nur gemeldete Gewalttaten erfasst, nicht aber weitere, latent gewalttätige Delikte wie Drohungen und Einschüchterungen sowie rassistische und rechtsextreme Anfeindungen im Alltag.
In München existiert – im Gegensatz zu anderen deutschen Großstädten – bisher keine Infrastruktur für diejenigen, die besonders im Visier rechtsextremer Gewalttäter und Aggressoren stehen. Die durch Bundesmittel finanzierte B.U.D. (Beratung. Unterstützung. Dokumentation.) für Opfer rechtsextremer Gewalt, die auf der Landesebene beim Bayerischen Jugendring angesiedelt ist, ist chronisch unterausgestattet und kann nicht den Großraum München versorgen.
Auch der Abschlussbericht des Bundestagsuntersuchungsausschusses zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ empfiehlt, die Opferberatungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu erweitern. Gerade in München, wo der Terror des NSU auch zwei Opfer gefordert hat, hätten die Angehörigen der Opfer Bedarf für eine strukturierte Opferberatung gehabt – konnten aber auf keine Beratung außer dem anwaltlichen Beistand zurückgreifen.
Eine Opferberatungsstelle wird auch für realistischere Fallzahlen sorgen. Denn die Erfahrung aus anderen Städten und Bundesländern zeigt, dass da, wo Opferberatungsstellen tätig sind, eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Fallzahlen der Polizei und den Zahlen der Opferberatungen besteht. Da viele Betroffene aus Angst vor Racheakten oder rechtlicher Unsicherheit vor Anzeigen zurückschrecken, haben die Kriminalitätsstatistiken nur eine begrenzte Aussagekraft.
Gülseren Demirel: „Diese Beratungsstelle wird den Opfern dabei helfen, die Folgen rechtsextremer oder rassistischer Gewalt zu bewältigen und Beratung bei juristischen Fragen, Begleitung bei Behördengängen oder bei der Organisation von ärztlicher oder therapeutischer Hilfe anbieten. Wir werden außerdem eine realistischeres Bild vom Ausmaß rechtsextremer und rassistischer Gewalt in München bekommen.“