Antrag | 19.08.2009

München Nachhaltig I: ‚Saubere‘ und faire Beschaffung

Antrag

Der Stadtrat möge beschließen:

1. Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, den Katalog sozialer, ethischer und ökologischer Kriterien bei der öffentlichen Beschaffung von Produkten für den städtischen Gebrauch weiterzuentwickeln. Davon sind v.a. folgende Produkte betroffen:

  • Computer und IT-Geräte,
  • Bekleidung und Textilien der Münchner Feuerwehr und in den Münchner Krankenhäusern,
  • Andenken und Geschenke,
  • in städtischen oder städtisch geförderten Einrichtungen verwendetes Spielzeug.

Dabei sollen gemäß der Anregungen des Vereins Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V. (WEED), des Forderungskatalogs des GoodElectronics Netzwerks und der Kampagne für ‚Saubere‘ Kleidung als Mindestanforderungen die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO verlangt (Vereinigungsfreiheit, Recht auf Kollektivverhandlungen, Abschaffung der Zwangsarbeit, Abschaffung der Kinderarbeit, Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf) und weitere Zusatzanforderungen für menschenwürdige Arbeitsbedingungen gestellt werden (Recht auf existenzsichernde Löhne, Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, Einhaltung der maximalen Anzahl von Arbeitsstunden, Recht auf Arbeitsplatzsicherheit, Recht auf Aushändigung eines Arbeitsvertrags). Das GoodElectronics Netzwerk hat für den IT-Bereich darüber hinaus einen umfassenden Forderungskatalog aufgestellt, der für die Entwicklung sozialer Kriterien hilfreich ist.
Für den Bereich Ökologie sind entsprechende Kriterien zu Ressourceneffizienz und Umweltverträglichkeit in Anbau, Produktion, Nutzung und Verschrottung zu beachten, die z.T. gleichzeitig zu besseren Arbeitsbedingungen führen.

2. Darüber hinaus soll die Stadtverwaltung darauf hinwirken, dass an den Kiosken der städtischen Krankenhäuser zertifizierte Fairtrade Blumen zum Kaufen angeboten werden.

3. Die Stadtverwaltung wird ferner gebeten, in regelmäßigen Abständen von 2 Jahren einen Bericht über den aktuellen Stand der nachhaltigen städtischen Beschaffung abzugeben.

Begründung:

Die Landeshauptstadt München hat als eine der größten und finanzkräftigsten Kommunen Deutschlands ein starkes Gewicht bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Nach Schätzungen des deutschen Städte- und Gemeindebunds liegt das Marktvolumen aller öffentlichen Aufträge in Deutschland bei rund 360 Milliarden Euro. Kommunen sind mit ca. 60% aller Aufträge die größten öffentlichen AuftraggeberInnen. Eine konzertierte Nachfrage seitens lokaler Gebietskörperschaften nach innovativen Produkten und Dienstleistungen mit garantierten Standards bietet Firmen einen Anreiz, ihre Lieferwege zu überprüfen, in Innovation zu investieren und ihre Beschäftigungspolitik zu überdenken. München tritt aber nicht nur selbst als Nachfragerin auf den Märkten auf, sondern ist in seinem Kaufverhalten auch Vorbild. Die Stadt sollte ihre wichtige Marktstellung weiterhin dazu nutzen, eine Umorientierung von Konsummustern anzukurbeln. Eine verantwortungsbewusste Beschaffung berücksichtigt bei der Auftragsvergabe vor allem die gesamten Lebenszykluskosten, die Auswirkungen, die das Produkt auf die Umwelt hat und die Bedingungen, unter denen das Produkt oder die Dienstleistung hergestellt oder erbracht wird.

Gerade Computer, Textilien, Spielzeug und kleine Andenken wie Anstecker oder Kugelschreiber werden oftmals unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und mit erheblichen Umweltschäden produziert. Die Stadt München muss daher alle Möglichkeiten nutzen, v.a. beim Einkauf von IT-Geräten, Textilien, Spielzeug, Andenken und Tombolagewinnen auf sozialen und ökologischen Kriterien bzw. Standards zu bestehen.

Der Stadtrat hat bereits im Jahre 2005 beschlossen, die kommunalen Dienststellen zum Kauf fair oder regional produzierter Blumen zu verpflichten. Die nicht regional und dennoch fair produzierten Blumen sind an dem Zertifikat FLP zu erkennen. Diese zertifizierten Blumen sollten unbedingt im Angebot der Kioske in städtischen Kliniken aufgenommen werden, da die Stadt hier mit starker Außenwirkung auf fair produzierte Blumen aufmerksam machen kann.

Die Landeshauptstadt München hat bereits mit etlichen Beschlüssen eine entscheidende Vorreiterrolle bei der sozial und ökologisch verantwortlichen Beschaffung eingenommen. Allerdings gab es nach wie vor rechtliche Unklarheiten – etwa bei der Umsetzung von Leitlinien der Procura+ Kampagne.

Tatsächlich war die Einbindung von sozialen und ökologischen Kriterien in die Ausschreibung und Vergabe lange Zeit rechtlich umstritten. Mit der im Februar 2009 in Kraft getretenen Novellierung des deutschen Vergaberechts ist nun rechtlich abgesichert, dass der öffentliche Auftraggeber neben ökologischen auch soziale Beschaffungskriterien berücksichtigen kann und darf. Nach wie vor gibt es kontroverse Interpretationen darüber, wie diese sozialen Kriterien ausgeschrieben bzw. garantiert werden können. Dennoch sind wir der Meinung, dass München hier auch weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen sollte. Die Kampagne Procura+ bietet öffentlichen Einrichtungen Hilfestellung bei der Umsetzung nachhaltiger Beschaffung und geht auch auf rechtliche Bedenken ein. Der Verein WEED hat einen Leitfaden zur Beschaffung von Computern nach sozialen und ökologischen Kriterien verfasst, der entsprechende Vorschläge zur Vorbereitung und Umsetzung der Ausschreibung enthält. Die Kampagne ‚Saubere‘ Kleidung bietet ähnliches für den Textilbereich.

Als eine der größten Kommunen in Deutschland steht es München gut an, sich engagiert weiterzuentwickeln und durch das eigene Verwaltungshandeln die selbst gesteckten Ziele des Stadtrates zur Nachhaltigkeit in die Tat umzusetzen.

Bündnis ’90/Die Grünen – rosa liste

Initiative:

Sabine Krieger
Lydia Dietrich
Siegfried Benker
Gülseren Demirel
Jutta Koller
Dr. Florian Roth
Dr. Florian Vogel