Mehr als 12 Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention müssen Menschen mit Behinderungen immer noch zahlreiche Nachteile in Kauf nehmen – nicht zuletzt im Gesundheitswesen. Auf Antrag der Fraktion Die Grünen – Rosa Liste wird der Münchner Stadtrat morgen mit zwei Beschlüssen mehr Gleichberechtigung in der medizinischen Versorgung herstellen.
Zum einen geht es um die Einrichtung einer Fachstelle „Inklusion und Gesundheit“, die sich zukünftig um die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen kümmern wird. Zu den Aufgaben der Fachstelle gehört es beispielsweise die Themen Barrierefreiheit und Inklusion als Querschnittsthemen im Gesundheitsreferat zu etablieren, als Ansprechpartner*in für sämtliche gesundheitlichen Einrichtungen in München mit Beratungsbedarf zu Inklusionsthemen zu fungieren und ganz allgemein auf eine bessere Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Gesundheitsleistungen hinzuwirken.
Stadträtin Sofie Langmeier: „Um das Recht auf ungehinderten Zugang zur medizinischen Versorgung auch für Menschen mit Behinderung zu sichern, braucht es mehr als Rampen und Aufzüge. In den Praxen mangelt es häufig an medizinischem Personal, das auf Menschen mit besonderen Bedarfen eingestellt ist – wenn etwa das An- und Auskleiden aufwendig ist, die*der Patient*in wegen einer Spastik nicht lange stillhalten kann, das Sprechen länger dauert oder das Umsetzen auf die Untersuchungsliege nicht zügig klappt – kurz: wenn der knapp durchgetaktete Praxisbetrieb durcheinandergerät. Freie Arztwahl ist für uns alle ein hohes Gut, deswegen müssen Praxisabläufe auch auf spezielle Anforderungen und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung ausgerichtet werden. Darum soll sich die Fachstelle ‚Inklusion und Gesundheit‘ kümmern.“
Ein weiterer Schritt zu mehr Inklusion im Gesundheitswesen ist die Einrichtung einer gynäkologischen Sprechstunde für Mädchen und Frauen mit Mobilitätseinschränkungen. Dieses Angebot geht auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2018 zurück, konnte jedoch bisher nicht realisiert werden, weil die im Antrag beschriebene Kooperation zwischen der München Klinik, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und dem Gesundheitsreferat nicht zustande kam. Nun wird die Sprechstunde in den Räumen des Gesundheitsreferates angesiedelt und bietet Mädchen und Frauen mit Mobilitätseinschränkungen der Region München endlich eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung.
Stadträtin Anja Berger: „Jede Frau muss wohnortnah Zugang zu den wichtigsten medizinischen Grundversorgungen haben, und dazu gehören gynäkologische Untersuchungen unbestritten. Nachdem in Dachau die einzige gynäkologische Praxis in der Region München, die auf die Bedarfe von Mädchen und Frauen mit Mobilitätseinschränkungen eingestellt war, vor einiger Zeit geschlossen wurde, mussten die Betroffenen mittlerweile bis nach Erlangen fahren, um ärztliche Versorgung zu erhalten. Dieser für einen Siedlungsraum von 2,5 Mio. Menschen unhaltbare Zustand wird nun endlich beseitigt – ein wichtiger Schritt zur Beseitigung einer klaffenden Inklusionslücke und ein Feiertag für alle Frauen und Mädchen mit Behinderung in München und Umgebung.“
In einem Antrag fordern Die Grünen – Rosa Liste außerdem gemeinsam mit SPD/Volt diese Sprechstunde um Angebote aus anderen medizinischen Fachrichtigen zu erweitern, etwa um eine urologische Sprechstunde für Frauen und Männer mit Querschnittslähmung oder sexuelle Aufklärungs- und Beratungsangebote für Frauen und Männer mit körperlichen, kognitiven oder seelischen Behinderungen.