Pressemitteilung | 16.12.2013

Koalitionsvertrag gefährdet Energiewende

Der von CDU/CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag ist bei der Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa liste auf heftige Kritik gestoßen – vor allem im Bereich Energie und Klimaschutz.
Laut Stadträtin Sabine Nallinger wird der Koalitionsvertrag zu einem massiven Rückgang beim Ausbau der Erneuerbaren Energien führen. „Mit diesem Vertrag,“ so Sabine Nallinger, „ist das Ziel, die Treibhausgase bis 2020 um 40 % zu verringern, nicht erreichbar. Aus Münchner Sicht ist es besonders fatal, dass das lokale und regionale Engagement – die Bürgerbeteiligungsanlagen – abgewürgt werden.“
Kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen, zeigt der 5. Weltklimabericht der IPCC dramatische Klimaveränderungen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Luft im weltweiten Durchschnitt um 0,9 Grad erwärmt, Schnee und Eis sind in erheblichem Maße abgeschmolzen und der Meeresspiegel ist um 20 Zentimeter gestiegen. Über die Ursache des Klimawandels ist sich der Weltklimarat zu 95% sicher: Es sei hauptsächlich Kohlendioxid (CO2), das der Mensch mit Abgasen in die Luft blase.“
Hält der CO2 Ausstoß weiterhin an, sagen die Forscher für Regionen wie Deutschland mehr Starkregen voraus, weiterhin drohen Hitzewellen, und viele Gletscher könnten komplett verschwinden. Trotz dieser dramatischen Änderungen lässt der Koalitionsvertrag für den Klimaschutz weitergehende Ziele oder Maßnahmen vermissen.
Dabei wäre der Umstieg auf 100% Erneuerbare Energien in Deutschland einer der wichtigsten Schritte, um die CO2-Emissionen wirksam zu senken. Die Stadtwerke München (SWM) haben diesen vorausschauenden Kurs bereits 2009 eingeleitet und investieren seither in großem Umfang in Windkraft und Solarenergienutzung. Doch der Koalitionsvertrag der GroKo könnte dieses Ziel nun unerreichbar machen.
So ist ein Ausbaukorridor für Erneuerbare Energien vorgesehen, der nur noch maximal 60% Ökostrom bis 2035 vorsieht. Dies bedeutet eine massive Reduzierung im Vergleich zu den jährlichen Zubauzahlen für Sonne und Wind der letzten Jahre in Deutschland. Die GroKo hat aus Mindestzielen Obergrenzen gemacht. So wird die Dynamik des Ausbaus der erneuerbaren Energien erheblich abgebremst.

  • Für die notleidende Branche der Solarwirtschaft werden die massiv verschlechterten Bedingungen des letzten Jahres fortgeschrieben. Eine Industriepolitik für die deutsche Solarwirtschaft, die sie im Wettbewerb mit China stärken könnte, gibt es nicht. So war es die letzte EEG-Novelle, die neben einer fehlenden Industriepolitik Ursache für den Verlust von etwa 50 000 Arbeitsplätzen in der Solarwirtschaft war! Auch Arbeitsplätze bei Solarfirmen und dem auf Photovoltaik spezialisierten Handwerk in München und dem Umland sind bedroht.
  • Die einzige noch gut gehende Ökostrombranche, die Windkraft, wird massiv gleich über zwei Wege attackiert: Vergütungssenkungen und Erschwerungen der Genehmigungen. Die Vergütungen sollen nur noch für gute Windstandorte ausreichende Investitionsbedingungen bringen. Zudem hat sich der bayerische Ministerpräsident Seehofer durchgesetzt, der dem Wunsch weniger lokaler Antiwindkraftbürgerinitiativen entsprechend, die Abstände zur Wohnbebauung auf 2000 Meter erhöhen will, womit der Ausbau der Windkraft in Bayern zunächst faktisch beendet wäre. Regionale und dezentrale Windkraftprojekte der SWM im Münchner Umland werden damit unmöglich.
  • Auch Anlagen der Eigenstromerzeugung und Selbstvermarktung sollen künftig die EEG-Umlage bezahlen, während weite Bereiche der Großindustrien, aber auch Hotels, Golfplätze etc. von der EEG-Umlage weiterhin befreit sind. Die finanzielle Entlastung von Münchner Mietern (wie wir in einem Antrag gefordert hatten) und Eigentümern durch Eigenstromerzeugung wäre damit hinfällig.
  • Auch die neu vorgeschriebene Direktvermarktung werden gerade kleinere Unternehmen oder Bürgerbeteiligungsanlagen nicht stemmen können und daher die Investitionen unterlassen. Für kleine Münchner Bürgerbeteiligungsprojekte, die auch kleinen Anlegern ein ökologisches Engagement in München erlaubt haben, das Aus.
  • Insbesondere weigert sich die große Koalition, die von der EU geplante Herausnahme von 900 Mio. Zertifikaten aus dem Emissionshandel dauerhaft zu fordern, um damit endlich dem Emissionshandel die notwendige Wirkung zuzusprechen. Auch fehlen weitergehende Ziele oder Maßnahmen, die zu einer Absenkung der CO2 Emissionen in Deutschland abzielen. So kann auch die Stadt ihr Klimaziel schwer erreichen.

Stadtrat Herbert Danner: „Die Vorschläge von CDU und SPD zur Reform des Erneuerbaren Energiengesetzes treffen vor allem die Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Bürgerbeteiligungsanlagen werden mit diesen Modellen nicht mehr umzusetzen sein. Lokalem und regionalem Engagement wird damit der Hahn zugedreht. Wir werden uns dafür einsetzen, dass auch lokale Sonnen – und Windprojekte zusammen mit engagierten Bürgern möglich bleiben. Auch die Idee der EEG-Umlage für Eigenverbrauchsanlagen ist absurd. Das ist ja gerade so, als müsste jemand für seine selbst angebauten und selbst verspeisten Tomaten in Zukunft Mehrwertsteuer bezahlen.“
Stadträtin Sabine Krieger: „Der Koalitionsvertrag bringt nicht die notwendigen Veränderungen für einen wirksamen Klimaschutz sondern wird im Gegenteil eine Rolle rückwärts einleiten. Gerade die riesigen CO2 Schleudern wie Braun- und Steinkohlekraftwerke werden wieder salonfähig und mit effizienten Gaskraftwerken gleichgestellt. Alle fossilen Energien werden weiterhin aus Steuermitteln subventioniert. Die Energiewende muss zum Schutz unseres Klimas und von innovativen Arbeitsplätzen auf die Erneuerbaren Energien setzen. Sie ist ein Allgemeingut und sollte deshalb von der Allgemeinheit – aus Steuermitteln – getragen werden. Diese Neuausrichtung anzustoßen, wurde völlig im Koalitionsvertrag versäumt.“