Antrag | 08.11.2019

Integration heißt Chancen bieten III – Kommunale Ressourcen ausschöpfen, Projektgruppe für langjährig geduldete Menschen in München einrichten

Antrag

 

I) Die Landeshauptstadt richtet eine Projektgruppe ein, um langjährig geduldeten Menschen in München den Übergang in einen regulären Aufenthaltstitel bei entsprechenden Integrationsleistungen gemäß §25 a und b Aufenthaltsgesetz zu ermöglichen.

II) Den städtischen Dienststellen werden die notwendigen Stellen für die Projektgruppe zugeschaltet. Diese sind im Haushalt 2021 anzumelden.

 

Begründung

In München lebten Anfang 2019 laut Kreisverwaltungsreferat knapp 2000 Menschen im ausländerrechtlichen Status der Duldung. Entsprechend §25 a und b Aufenthaltsgesetz sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit vor, Menschen nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland bei entsprechender Integrationsleistung in einen regulären Aufenthaltstitel überzuführen.
Der praktische Erfolg der Regelungen lässt jedoch bundesweit zu wünschen übrig. Vielen langjährig Geduldeten sind die genannten Instrumente zur Erlangung eines regulären Aufenthaltstitels unzureichend bekannt. Oftmals auch basierend auf Negativerfahrungen mit den staatlichen Institutionen in den jeweiligen Herkunftsländern und aus Angst vor aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschweigen die Betroffenen den verantwortlichen Institutionen notwendige Informationen, welche die Basis einer sachgemäßen Einordnung der jeweiligen Einzelfälle gemäß §25 a und b bilden könnten. Hier ist ein intensiverer Austausch der Verwaltung mit den Menschen über Integrationserfolge, Bemühungen und Hindernisse nötig, um die individuelle Situation der Betroffenen zu erfassen und mögliche Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Dies soll Ziel der Projektgruppe sein, die sich aus sozialen Trägern mit Fachexpertise, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen und zuständigen Stellen der Verwaltung zusammensetzen wird. In einem ersten Schritt werden diejenigen langjährig geduldeten Personen in München identifiziert und kontaktiert, die die Voraussetzung für die oben genannten Normen bereits sehr wahrscheinlich oder zumindest nach Erlangen weiterer ergänzender Informationen potenziell erfüllen. Durch Beratungsgespräche soll anschließend über die bestehenden Normen informiert, für die Bedeutung der Eigenverantwortung für eine erfolgreiche Integration sensibilisiert und basierend darauf vor allem notwendige aber noch fehlende Informationen ermittelt werden. Die Personen werden im Sinne der effizienteren Beratung – angelehnt an das bereits bestehende erfolgreiche Modellprojekt in Köln – in drei Fallgruppen aufgeteilt und langfristig durch die Projektgruppe beraten:

– „grün“: gesetzliche Bleiberechtsvoraussetzungen werden schon oder überwiegend erfüllt, Titel kann zügig erteilt werden,

– „gelb“: Bleiberechtsvoraussetzungen werden noch nicht erfüllt, können aber aufgrund Integrationsbereitschaft perspektivisch in 1-2 Jahren erfüllt werden,

–  „rot“: Bleiberechtsvoraussetzungen werden nicht erfüllt und mit Erfüllung ist auch dauerhaft nicht zu rechnen.

Grün bewerteten Fällen werden schnellstmöglich Aufenthaltserlaubnisse erteilt, sofern die noch fehlenden Voraussetzungen nach entsprechender Betreuung erfüllt sind. In gelb bewerteten Fällen werden mit den Betroffenen individuelle Bleiberechtsperspektiven evaluiert und konkrete Maßnahmen aufgezeigt, um die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis möglichst zeitnah zu erfüllen. Mit den Rot bewerteten Fällen soll intensiv kommuniziert werden, um die mangelnde Integrationsbereitschaft oder bestehende Hemmnisse nachzuvollziehen und Unterstützung anzubieten. Je nach Einzelfall ist hier jedoch auch über die mangelnde Aussicht auf ein Bleiberecht zu informieren. Im Falle des Falles sollten dann die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise und etwaige Unterstützungsstrukturen aufgezeigt werden. Unabdingbare Grundvoraussetzung des Projekts ist es aber, dass basierend auf der Arbeit der Projektgruppe keine Abschiebungen forciert werden dürfen.
Ergänzend soll über §60a Abs. 2 AufenthG, also das Bleiberecht während der Ausbildungszeit und anschließender zweijähriger Berufstätigkeit mit garantiertem Bleiberecht für diesen Zeitraum sowie perspektivisch über die im Rahmen des Migrationspakts beschlossene Beschäftigungsduldung informiert werden.
Mit der Einrichtung einer Projektgruppe nach oben genanntem Prinzip würde München seinen kommunalen Handlungsspielraum nutzen und die Voraussetzung schaffen, um möglichst vielen Menschen in der maximal belastenden Situation der Duldung Perspektiven beziehungsweise eine transparente Einordnung der individuellen Situation zu garantieren.
Münchens Behörden und seine Zivilgesellschaft zeichnen sich durch ein außergewöhnlich hohes Maß an Engagement aus. Die Umsetzung der aufgezeigten Projektgruppe hat jedoch das Potenzial, das bereits bestehende hohe Engagement um eine stark integrationsfördernde Struktur zu ergänzen. Angesichts der potenziell enorm positiven Veränderung der Lebenssituation der betroffenen Personen die entsprechend §25 anerkannt werden könnten, ist dies sinnvoll und angebracht.

Fraktion Die Grünen – rosa liste                                                          Stadtratsgruppe DIE LINKE

Katrin Habenschaden                                                                             Cetin Oraner
Dominik Krause                                                                                       Brigitte Wolf
Dr. Florian Roth
Jutta Koller
Anja Berger
Oswald Utz
Sebastian Weisenburger