Pressemitteilung | 14.02.2024

In eigener Sache: Warum wir die Münchner Friedenskonferenz nicht mehr fördern wollen

Die Stadt München befindet sich in einer Haushaltskrise und muss seit 2020 konstant Einsparungen vornehmen. Auch Kleinst-Förderungen stellen wir im Zuge dessen auf den Prüfstand und nehmen diese (selbst-)kritisch in den Blick. Die internationale Friedenskonferenz, seit vielen Jahren via Kulturreferat gefördert, ist keine Kulturveranstaltung, sondern eine rein politische Veranstaltung, weshalb sie im Haushalt des Kulturreferats nicht zu den Förder- und Aufgabenschwerpunkten passt. 

Es handelt es sich zwar um eine vergleichbar kleine Fördersumme, und die Einsparungswirkung ist dementsprechend gering. Die Veranstaltenden und unterstützenden Organisationen baten uns in einem Brief deshalb, unseren Antrag zurückzuziehen und uns für die Förderung aus einem anderen, inhaltlich passenden Teilhaushalt einzusetzen. Dazu fehlt jedoch – das wollen wir nicht verschweigen – gegenwärtig der politische Wille. Das ist kein politisches Desinteresse am Thema an sich, ganz im Gegenteil:

Wir halten es besonders in aktuellen Zeiten von globaler Aufrüstung und von Kriegen, sei es der russische Angriffskrieg in der Ukraine, quasi vor unserer Haustüre oder aber der asymmetrische Krieg in Israel und Gaza, im Nahen Osten, welchen die Hamas bewusst ausgelöst hat, für wichtig, dass neben der Sicherheitskonferenz ein zivilgesellschaftlich initiiertes und organisiertes Programm stattfindet, welches auch ganz gezielt die Themen Abrüstung, Friedensförderung sowie machtkritische Perspektiven in den Blick nimmt.

Solche zivilgesellschaftlichen Veranstaltungen gibt es glücklicherweise auch an anderer Stelle, wie beispielsweise das Programm von „War unmasked“ von Bellevue di Monaco, welches bereits Ende Januar stattfand: https://bellevuedimonaco.de/veranstaltung/war-unmasked/

An der „Friedenskonferenz“ üben wir schon seit Jahren Kritik sowohl an der inhaltlichen Programmgestaltung als auch am Gebaren der Organisator*innen.

Die Stadt hat die Münchner Friedenskonferenz lange gefördert, auch offizielle Vertreter*innen geschickt (oft auch aus den Reihen der Grünen), um die Teilnehmer*innen zu begrüßen. Diese Förderung entsprang dem Wunsch, der großen, im Bayerischen Hof tagenden Sicherheitskonferenz eine Alternative entgegenzusetzen: einen alternativen Zugang zu Frieden und Sicherheit, vielfältige Sichtweisen auf internationale Probleme, einen kritischen Umgang mit der oft auf militärische Mittel fixierten Sicherheitspolitik der großen Mächte, die nötig ist, aber oft auch zu kurz greift. Immer gab es dabei auch radikalere Kritik – dies gehörte quasi zum Kolorit dieser Konferenz, die einem breiten Spektrum von Meinungen Raum bot. 

Schwer zu ertragen fanden wir allerdings Vorträge, die die unsäglichen Gräueltaten des Diktators und Kriegstreibers Assad in Syrien relativierten. Eine ernsthafte Irritation entstand, als die Veranstalter der Friedenskonferenz Ende 2019 ein Grußwort des jüdischen SPD- und vormals CSU-Stadtrats Marian Offman ablehnten, das dieser in Vertretung des Oberbürgermeisters halten sollte. Der Hintergrund dieser Zurückweisung war die scharfe Ablehnung des Israel-Boykotts BDS durch den Münchner Stadtrat – durch Offman also ebenso wie durch den Oberbürgermeister, den er vertreten sollte und viele andere Mitglieder des Stadtrats. Warum also wurde gerade Offman abgelehnt? Die Doppelmoral hinter diesem Verhalten ist leider mehr als offensichtlich. 

Bei der diesjährigen Friedenskonferenz gehört, wie immer, die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner zum Trägerkreis. Die DFG-VK hat zwei Wochen nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel zu einer Kundgebung gegen den Krieg aufgerufen, gemeinsam mit „Palästina spricht“, einer Organisation, die den 7. Oktober 2023 als „revolutionary day to be proud of“ bezeichnet. Wer sich mit solchen Bündnispartner umgibt, macht sich als Friedensinitiative komplett unglaubwürdig. 

Für die Abendveranstaltung der diesjährigen Friedenskonferenz sind zwei Referenten angekündigt, deren einseitige Sicht auf den israelisch-palästinensischen Konflikt die unausweichliche Frage aufwirft, ob diese Veranstaltung als „Kulturveranstaltung“ mit dem Geld gefördert und dem Namen der Landeshauptstadt unterstützt werden sollte:

Yanis Varoufakis hat sich nach dem 7. Oktober mehrfach zur Lage im Nahen Osten geäußert. Eine klare Verurteilung des terroristischen Überfalls auf Israel hat er bisher verweigert und dies u.a. mit einer Analogie zur Ukraine begründet: „…ich werde die Hamas nicht verurteilen, genauso wenig wie ich die Ukrainer:innen verurteilen würde.“ (>>>hier) Hat Israel also seine Nachbarn überfallen, so wie Russland die Ukraine? Eine derartige Täter-Opfer-Umkehr mag von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Für eine explizite Unterstützung seitens der Stadtpolitik durch eine fortgeführte oder neue Förderung durch die Verwaltung ist sie für uns ein klares Ausschlusskriterium. Dies gilt in gleicher Weise für den Auftritt der irischen MdEP Clare Daly, die Israel der ethnischen Säuberung bezichtigt und es als „Kolonie Europas“ bezeichnet. Eine Veranstaltung mit einer Referentin, die sich so eindeutig antisemitisch äußert, wollen wir als Stadtregierung weder unterstützen noch bewerben.

In der Summe ergibt sich hier das Bild einer Veranstaltung, die ihren ursprünglichen Auftrag, sich für Frieden und Menschenrechte einzusetzen, immer weniger erfüllen kann, weil sie Redner*innen eine Bühne bietet, die sich nicht klar von Diktaturen und Autokraten sowie deren Kriegen und Menschenrechtsverletzungen distanzieren beziehungsweise sie sogar gut heißen. Es gibt im Stadtrat keinen mehrheitlichen politischen Willen mehr eine solche Veranstaltung offiziell zu unterstützen – weder finanziell und schon gar nicht politisch. 

Noch nie war es unseres Erachtens so wichtig wie jetzt, dass es eine aktive, große, breit zivilgesellschaftlich getragene Friedensbewegung im Sinne einer Graswurzelbewegung gibt. Dies kann aber nur gelingen, wenn das auf Basis von demokratischen, freiheitlichen Werten passiert, die Haltung zeigt gegen jede Art von Rassismus, Antisemitismus oder aber Queerfeindlichkeit.