Pressemitteilung | 22.09.2021

Die IAA darf nicht den Blick auf das gemeinsame Ziel verstellen: Die Verkehrswende

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre kritischen Worte zur IAA.

Wir halten Ihre Kritik an der massiven Nutzung der öffentlichen Räume durch die Aussteller und an der Behinderung der Proteste und Projekte der Gegner der IAA für weitgehend berechtigt und wir teilen sie. Wir sind der Auffassung, dass sich bei der nächsten Ausgabe der IAA im Jahr 2023 – zu der die Stadt München sich ja bereits vertraglich verpflichtet hat – einige grundlegende Dinge ändern müssen.

Dies betrifft zuallererst die ausufernde und teils aufdringliche Inanspruchnahme öffentlicher Räume in der Münchner Innenstadt. Wir legen Wert auf die Feststellung, dass wir zwar der Veranstaltung der IAA und der Nutzung öffentlicher Räume während der Messe für ergänzende „Open Spaces“ als Kommunikationsplattformen grundsätzlich zugestimmt haben – nicht aber einem derartigen Nutzungskonzept, das fast alle zentralen Plätze unserer Stadt in aufgemotzte Showrooms für Automobile verwandelt. Dies wird bei der IAA 2023 zu korrigieren sein.

Auch über die Durchlässigkeit von Straßen und Plätzen für den Fuß- und Radverkehr sowie für die Öffentlichen Verkehrsmittel muss gesprochen werden. Wir hatten diese Durchgängigkeit immer als zwingende Voraussetzung eingefordert, aber sie wurde dann doch an vielen Stellen den Zwecken einer Messe geopfert. Die Nutzung öffentlicher Räume durch die IAA war ein Experiment. Wir halten dieses Experiment für misslungen, weil völlig unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger in ihrer Mobilität eingeschränkt und daran gehindert wurden, ihre alltäglichen Wegstrecken zurückzulegen. Gerade für eine „IAA Mobility“ hätte der Name Programm sein müssen. 

Wir halten auch das Handeln des Münchner Kreisverwaltungsreferats gegenüber einigen der angemeldeten Aktionen und Initiativen für kritikwürdig. Lang zuvor angemeldete Projekte wurden nur sehr kurzfristig und in stark abgespeckter Form  und Gegenveranstaltungen mit nicht nachvollziehbaren Auflagen und Einschränkungen bewilligt– mit Blick auf die weit entgegenkommende Genehmigungspraxis des KVR für die Messeaufbauten im öffentlichen Raum ist dies ein grobes Missverhältnis. Wir werden uns dafür einsetzen, bei der nächsten IAA mehr Platz und bessere Sichtbarkeit für alternative Mobilitätskonzepte zur Verfügung zu stellen.

Der gesamte Komplex IAA wird bei einer großen Ausschusssitzung Anfang Oktober auf der Tagesordnung stehen und soll dort beleuchtet und bewertet werden. Bei dieser Gelegenheit werden wir auch die zahlreichen Kritikpunkte zur Sprache bringen, die auch Sie angesprochen haben. 

Wir möchten Ihnen versichern, dass wir das Engagement und die Interventionen der Verbände und der Zivilgesellschaft auf den Feldern der Verkehrs- und Klimapolitik für außerordentlich wertvoll halten. Wir schätzen Ihre Arbeit schon seit vielen Jahren, oft genug haben wir Seite an Seite mit Ihnen dafür gestritten den Autoverkehr einzudämmen und die Bedingungen für Fuß- und Radverkehr sowie für die öffentlichen Verkehrsmittel zu verbessern. Es ist uns außerordentlich wichtig, dass Sie Ihre Arbeit so engagiert wie bisher fortsetzen und die politischen Entscheidungsträger*innen (ja, auch die Grünen!) immer wieder zu konsequentem Handeln antreiben. Der Austausch mit der Zivilgesellschaft ist eine unverzichtbare Komponente der Demokratie und eine unentbehrliche Voraussetzung, um die weitreichenden Veränderungen zu erreichen, die für die Verkehrswende notwendig sind.

Die Eindrücke, die durch die monumentalen Aufbauten einiger Aussteller der Automobilbranche entstanden sind, sollten uns nicht den Blick auf die Ziele verstellen, die uns verbinden. Wir sind entschlossen, den Weg fortzusetzen, den wir eingeschlagen haben: die Eindämmung des Autoverkehrs, die Umverteilung des öffentlichen Raums, die Verbesserung der Infrastruktur und der Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr, mutige Investitionen in den Ausbau des ÖPNV. Das bedeutet dicke Bretter zu bohren. Es wäre gut, wenn wir dabei weiterhin auf Ihre Unterstützung zählen könnten.

Mit freundlichen Grüßen 
Anna Hanusch
Fraktionsvorsitzende
Dr. Florian Roth
Fraktionsvorsitzender