Antrag
Mehr kommunale Demokratie wagen:
Bürgergutachten als Form der Partizipation nutzen
Die Stadtverwaltung wird gebeten:
1. dem Stadtrat darzustellen, welche über die gesetzlich vorgesehenen Formen hinausgehende Arten der Bürgerbeteiligung, insbesondere Verfahren des Bürgergutachten oder ähnliche Partizipationsverfahren, in München umgesetzt wurden und wie die Erfahrungen damit zu bewerten sind;
2. zu prüfen, inwieweit das Verfahren des Bürgergutachtens im sog. Kunstareal des Museumsviertels in der Maxvorstadt ggf. in einem weiten Umgriff (vom Alten Botanischen Garten bis zur Universität mit der Kunstakademie ) umgesetzt werden kann;
3. dem Stadtrat Vorschläge zu machen, für welche weiteren Vorhaben – insbesondere im Planungsbereich – sich in den nächsten Jahren die Verfahren des Bürgergutachtens (oder ähnliche Formen der Bürgerbeteiligung) anbieten könnten;
dabei sollte vor allem die städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen für den Bereich Nordosten S-Bahnlinie S 8 München – Flughafen (östlich), zwischen Stadtgrenze, Lebermoosweg / ehemalige Gütergleistrasse, Stadtgrenze und Bahnlinie München-Mühldorf sowie die im Falle einer Verlagerung der Betriebsstätte der Paulaner Brauerei frei werdenden Flächen (Nockherberg, Welfenstraße, Untere Au, Auer Mühlbach) betrachtet werden.
Begründung:
Die Diskussion um adäquate Formen der Bürgerbeteiligung prägt seit einiger Zeit die öffentliche Debatte. Nicht immer können die gesetzlich vorgeschriebenen Formen der Bürgerbeteiligung dem wachsenden Bedarf an frühzeitiger Einbindung der Bürgerschaft genügen. Oberbürgermeister Christian Ude betonte diesen Innovationsbedarf etwa bei seiner Antrittsrede als Städtetagspräsident:
„Die allgemeine Lebensweisheit, dass nichts so gut ist, dass es nicht noch besser werden könnte, gilt selbstverständlich auch für die kommunale Demokratie. Wir müssen uns immer fragen, ob wir vorhandene Instrumente besser nutzen und zusätzliche Instrumente schaffen sollten. Das Baugesetzbuch liefert ja häufig tatsächlich nur Alibi-Veranstaltungen, deren Mitwirkungschancen sich nur Kundigen und Eingeweihten erschließen. Genauso wie die Stadt niemals fertig ist, sondern sich immer weiter entwickeln muss, müssen wir kontinuierlich immer ‚noch mehr Demokratie wagen’.“
Eine schon seit langer Zeit bewährte Form der demokratischen Partizipation ist das sog. Bürgergutachten . Dabei wird in sog. Planungszellen per Zufallsprinzip ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern eine Fragestellung vorgelegt. In einem moderierten und durch (kontroversen) Experteninput qualifizierten Verfahren wird ein sog. Bürgergutachten erstellt, das Politik und Verwaltung als Unterstützung dient. Bundesweit reichen die Anwendungsbeispiele vom Müllkonzept der Region Aachen über Energiefragen (etwa Trassenbauten) bis zum Konzept einer altersgerechten Gesellschaft und einer regionalen Verwaltungsreform. Bestechend dabei ist, dass Bürgerinnen und Bürger befähigt werden, auf Augenhöhe mit der Politik zu diskutieren, und dass durch spezielle Verfahren die Meinungsführerschaft durchsetzungsmächtiger Partikularinteressen vermieden wird.
Es gibt auch Abwandlungen dieses Konzepts (etwa mit einem parallelen Expertenforum), wie z.B. beim „Stadtviertelkonzept Nahmobilität“ in München im Stadtbezirk 2 praktiziert.
Auch die Münchner Stadtbaurätin Frau Dr. Merk betonte die Vorteile des Bürgergutachtens und schlug laut Süddeutscher Zeitung vom 25.01.2011 als Anwendungsbeispiel die Entwicklung des sog. Kunstareals des Museenviertels um die Pinakotheken in der Maxvorstadt vor:
Merk will Zeichen setzen. Zum Beispiel auch bei der Beteiligung von Bürgernnen und Bürgern an Planungsprozessen. Ihr schwebt ein sogenanntes Bürgergutachten vor. 100 repräsentativ ausgewählte Münchner sollen im Rahmen eines zweitägigen Workshops unter Anleitung von Experten Lösungen für städtebauliche Probleme erarbeiten. Testen könne man dieses ungewöhnliche Verfahren beispielsweise bei der geplanten Neuordnung des Museumsviertels in der Maxvorstadt.“ Weitere Beispiele könnten die Entwicklungsmaßnahmen im Münchner Osten im Bereich östlich der Strecke der S 8 sowie die im Falle einer Verlagerung der Paulaner Brauerei frei werdenden Flächen in der Au sein.
Fraktion Die Grünen – rosa liste
Initiative:
Dr. Florian Roth
Sabine Krieger
Sabine Nallinger
Lydia Dietrich
Paul Bickelbacher
Mitglieder im Stadtrat