Antrag | 09.09.2016

Autofreie Altstadt für bessere Luft und mehr Lebensqualität

Die Stadtverwaltung wird beauftragt, das Konzept einer (weitgehend) autofreien Altstadt

  • als Teil des zu aktualisierenden Luftreinhalteplans sowie
  • als Diskussionsgrundlage für das beantragte Bürgergutachten Innenstadt eingehend zu prüfen.

Dabei wird sowohl

  • der Ausschluss des Kfz-Verkehrs innerhalb des Altstadtrings geprüft mit Ausnahme z.B. von Anwohner- und Lieferverkehr sowie der Zufahrt für Mobilitätseingeschränkte als auch Zwischenstufen wie
  • größere Zonen nur mit Anwohnerparken oder
  • das Ausweisen einzelner Straßen in der Altstadt als autofrei (mit den genannten Ausnahmen).

Mit berücksichtigt wird die Situation der Parkhäuser mit dem Stellenwert des zukünftigen Parkhauses am Thomas-Wimmer-Ring am Rand der Altstadt sowie einer möglichen Beschränkung des Parkhauses am Max-Joseph-Platz auf Anwohner- und Geschäftsverkehrsparken (wodurch weitere oberirdische Parkplätze wegfallen könnten).
Die Fahrbahnen der verkehrsberuhigten Straßen werden für das Zufußgehen freigegeben.

Begründung:

Mit den Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichts zu Klagen des VCD und der Deutschen Umwelthilfe vom 29.06.2016 besteht eine Verpflichtung, den Luftreinhalteplan innerhalb eines Jahres nachzubessern und „wirksamere Maßnahmen als bislang zur schnellstmöglichen Einhaltung des gesetzlichen Immissionsgrenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2 ) in der Stadt München zu ergreifen“ (siehe: http://www.vgh.bayern.de/media/muenchen/presse/pm_2016-06-29.pdf).

Schon im Januar 2015 hatte die Regierung von Oberbayern darauf gedrungen, die Prüfung einer autofreien Innenstadt in den Luftreinhalteplan aufzunehmen (siehe: „Freistaat prüft Autoverbot in der Altstadt“, Süddeutsche Zeitung vom 8.1.2015) – was jedoch am Widerstand der Landeshauptstadt München scheiterte.
Diese Haltung ist um so weniger verständlich, als das Umweltschutzreferat festgestellt hat, dass der Kfz-Verkehr in der bzw. in die Altstadt zu den Grenzwertüberschreitungen beiträgt:
„Überschreitungen des NO2-Grenzwertes werden aber auch an Straßen festgestellt, die unmittelbar von Kfz-Fahrten in die / in der Altstadt beeinflusst werden. So lag z.B. der Jahresmittelwert an der Station Stachus 2012 und 2013 mit 61 μg/m³ und 64 μg/m³ deutlich über dem Grenzwert von 40 μg/m³. An weiteren Straßen, wie z.B. der Frauenstraße, der Briennerstraße oder der Blumenstraße ist gemäß Berechnungen mit einer Überschreitung des Grenzwertes zu rechnen.“
(https://www.muenchen-transparent.de/dokumente/3632491)

Gerade da am Stachus am Rande der Altstadt eine der beiden Messstationen liegt, an der die Grenzwerte im Jahresmittel deutlich überschritten werden, könnte eine weitgehend vom Autoverkehr befreie Altstadt ein Baustein in einem Maßnahmenkatalog zur schnellstmöglichen Einhaltung der rechtlich vorgeschriebenen Grenzwerte darstellen und damit zum Schutze der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger beitragen.
Mit Antrag vom 22.1.2015 hat unsere Fraktion ein Bürgergutachten Innenstadt vorgeschlagen (https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/3574126.pdf). Eine Vorprüfung mehrerer Varianten auf dem Weg zu einer autofreien Altstadt könnte als ein Vorschlag in diese Form der Bürgerbeteiligung eingebracht werden.

Eine solches Partizipationsverfahren hatte schon 2014 die Stadtbaurätin Frau Dr. Elisabeth Merk in die Diskussion gebracht. Hintergrund war ihr am 22.4.2014 in einem Interview mit der Abendzeitung eingebrachter Vorschlag, „„den Autoverkehr einzuschränken“ sowie zu verhindern, „dass die Leute in die Altstadt fahren“. In Zukunft müsse es heißen: „Innerhalb der Altstadt darf keiner mehr reinfahren“ – mit Ausnahme von: „Anwohnern“ und „Versorgern“. Diese Idee einer tendenziell autofreien Altstadt hat sie unlängst in einem Interview am 4.6.2016 mit dem Argument besserer Voraussetzungen für den Fahrradverkehr wiederholt:

„Mein Wunsch wäre, den ruhenden Verkehr von der Straßenoberfläche der Altstadt weitgehend herauszubringen, damit wir im öffentlichen Raum mehr Möglichkeiten haben, das Radfahren attraktiver und zugleich sicherer zu machen. Ich gehe nicht davon aus, dass wir gar nicht mehr mit dem Auto in die Altstadt fahren werden, aber wir sollten den Autoverkehr dort auf Anlieferung, Abholung und behindertengerechte Stellplätze reduzieren.“ (http://www.zeit.de/mobilitaet/2016-06/fahrrad-radweg-muenchen-verkehrsplanung-elisabeth-merk).

Mit dem Ziel einer autofreien Altstadt würde München sich auch in eine Riege zukunftsweisender Mobilitätsprojekte internationaler Metropolen einfügen. In Oslo wurde kürzlich beschlossen, dass ab 2019 kein Privatauto mehr ins Zentrum fahren darf. Die Pariser Bürgermeisterin will Autos weitgehend aus der Innenstadt verbannen und massiv in Radwege investieren. Und in Madrid soll laut „Mobilitätsplan 2020“ das historische Stadtzentrum zur Fußgängerzone werden – außerdem gibt es nach Emissionen gestaffelte Parkgebühren und einen Ausbau des Radwegenetzes in der spanischen Hauptstadt.
Diesem Trend entspricht auch in Deutschland ein verändertes Bewusstsein der Bevölkerung. Laut einer Studie des Bundesumweltministeriums wollen 82 %, dass Städte gezielt so umgestaltet werden, dass man kaum mehr ein Auto braucht. Bei den 14-17-Jährigen sind es sogar 92 %.  Gerade die jüngere Generation fährt weniger Auto und besitzt seltener einen eigenen Wagen – das zeigen auch Studien des Münchner Planungsreferats. Nicht repräsentative Online-Umfragen haben hinsichtlich einer autofreien Münchner Innenstadt diesen Trend bestätigt:  Auf die Frage „Soll die Münchner Innenstadt autofrei werden?“ antworteten 63 % in einer Umfrage der Bayerischen Staatszeitung vom Januar 2015 mit „Ja“ (http://www.bayerische-staatszeitung.de/nc/umfrage/archive.html); angesichts der Diskussion um eine „Sperre der Münchner Innenstadt für Autos“ antworteten 70,1 % zustimmend auf die Frage des Bayerischen Rundfunks: „Sollten, um die Luft sauberer zu machen, in der Stadt mehr Straßen für den Verkehr gesperrt werden?“ (http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/voting-autofreies-muenchen-102.html).

Eine autofreie Altstadt dient mehreren Zielen:

  • Verbesserung der Aufenthaltsqualität
  • Bessere Luft und geringere Gesundheitsgefährdung durch Abgase
  • Deutliche Verminderung der Lärmbelästigung
  • Wichtiger Beitrag zum Klimaschutz
  • Mehr Platz für Fuß- und Radverkehr durch Reduzierung des fließenden wie des ruhenden Autoverkehrs angesichts zahlreicher schmaler Gehsteige
  • Höhere Lebensqualität durch eine lebendige Flaniermeile Altstadt incl. der Belebung des kleinteiligen Einzelhandels

Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrates vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages.

(Zu den Vorteilen und positiven Erfahrungen siehe auch: http://www.huffingtonpost.de/2015/11/30/17-gute-gruende-warum-innenstaedte-autofrei-werden-mussen_n_8680924.html)

Fraktion Die Grünen – rosa liste

Initiative:
Florian Roth
Paul Bickelbacher
Dominik Krause
Sabine Krieger
Sabine Nallinger
Herbert Danner

Mitglieder des Stadtrates
So könnte das aussehen:

Brunnstr01k
Die Brunnstraße heute …
Brunnstr02k
…und in einer autofreien Zukunft.
maximilianstr02k
Die Maximilianstraße ohne parkende Autos