Pressemitteilung | 16.12.2020

Rede von Fraktionschef Dr. Florian Roth zum Haushaltsplan 2021

Für München und die Welt war das ein annus horribilis. In diesem schrecklichen Jahr sind in dieser Stadt bisher 432 Menschen an Covid-19 gestorben. Viele liegen in Intensivstationen.

Unser herzlicher Dank gilt allen, die in der Krise Bemerkenswertes geleistet haben. Gerade den im Gesundheitsbereich Tätigen, allen in der Stadtverwaltung, die geholfen haben, die Krise zu bewältigen.

Wir von der grünrosa Fraktion haben in stürmischen Zeiten gemeinsam mit der Fraktion SPD/Volt das Steuer des Stadtschiffs übernommen. 

Diese Krise ist auch eine Haushaltskrise. Einnahmen sind eingebrochen, coronabedingt sind Kosten gestiegen. 2021 werden wir keine Kompensationen des Bundes für die Steuereinbrüche bekommen, Mehrausgaben werden bleiben. Deshalb nehmen wir mit gut 600 Mio. Euro ein historisch bemerkenswertes Minus bei der laufenden Verwaltungstätigkeit in Kauf.

Wir haben mit Einsparmaßnahmen nachgesteuert. Und wir dürfen da auch in Zukunft nicht nachlassen. Denn nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen Mehrausgaben in der letzten Wahlperiode – ich will das gar nicht kritisieren, das meiste haben wir mitgetragen – und wegen notwendiger Zukunftsinvestitionen ist die Finanzlage klamm.

Aber die grünrote Koalition setzt Schwerpunkte statt nur den Rasenmäher anzuwerfen, wie anderes es wollen. Unsere Prioritäten sind: Sozialer Zusammenhalt (incl. bezahlbares Wohnen), Klimaschutz und die dringend notwendige Verkehrswende. 

Wir sind politische Gestalter und nicht reine Buchhalter.

An fast allen Einzelbeschlüssen der letzten Monate und an den Änderungsanträgen von heute kann man dies ablesen: soziale Infrastruktur erhalten, Wohnungsbau vorantreiben, die freie Kunstszene die existenziell von der Krise betroffen ist, stärker unterstützen, Klimaschutzprogramm ausbauen, Verkehrswende vorantreiben.

Wir gehen längst überfällige Strukturreformen an, um die Verwaltung zu modernisieren und den Haushalt nicht nur kurzfristig sondern nachhaltig zu sanieren:

  • Wir verschlanken die Personalverwaltung
  • Wir bauen Doppelstrukturen ab – etwa bei Bau- und Immobilienmanagement für Schulen
  • Wir vermindern Mietkosten durch Homeoffice
  • Wir fusionieren die Wohnbaugesellschaften

Wir wollen intelligent, nachhaltig und mit Augenmaß sparen.

Da ich mich vereinbarungsgemäß nicht noch einmal zu Wort melden werde*, gehe ich jetzt schon auf Kritik ein. Uns werden Vorwürfe gemacht. Zu Recht – zum Teil.

  • Wir machen Fehler. Wir korrigieren diese. Manche Zahlen, die wir nannten, waren schnell überholt. Wir haben etwa bei der zeitlichen Verschiebung der Sanierung des Stadtmuseums noch mal nachgesteuert – und das war gut so. Wir sind nicht unfehlbar und lassen uns auch belehren. Aber wir haben einen Gestaltungsauftrag  – und sowohl das Selbstbewusstsein als auch die Demut  ihn zu erfüllen.
  • Uns wird vorgeworfen, wir würden Wahlversprechen etwa beim Klimaschutzbudget einhalten. Nach der Wahl das zu tun, was man vor der Wahl gesagt und wofür man gewählt wurde – ja, diesem Vorwurf der Verlässlichkeit setzen wir uns gerne aus.
  • Uns wird vorgeworfen, wir würden auch finanziell Klientelpolitik betreiben: Ja wenn die, die es sozial schwer haben in dieser Gesellschaft, unsere Klientel sind – dann machen wir gerne Klientelpolitik. Wenn die Generation Fridays for Future, der man ihre Zukunft stiehlt, unsere Klientel ist – dann machen wir gerne Klientelpolitik. Wenn wir jene, die am Verletzlichsten sind bei der Verkehrssicherheit, unsere Klientel sind – dann machen wir gerne Klientelpolitik.
  • Wir machen auch Klientelpolitik für jene, die wirtschaftlich am stärksten betroffen sind von der Krise. Schanigärten sind Wirtschaftspolitik. Und in einer Innenstadt mit weniger Blech und mehr Kultur und Lebensqualität, wird auch mehr eingekauft.
  • Man könnte sogar behaupten, wir würden Klientelpolitik für BMW machen. Denn BMW will die autofreie Innenstadt, die Umwandlung von öffentlichen Parkplätzen für Elektro-Car-Sharing, den S-Bahn-Nordring und die City Maut. Das alles wollen wir auch.

A propos City-Maut: wir müssen in die Verkehrswende investieren. Die Radentscheide werden wir umsetzen, aber zu deutlich geringeren Kosten als den von der Verwaltung ausgerechneten 1,6 Mrd. Mindestens so wichtig ist der ÖV-Ausbau. Wir haben eine Tramoffensive gestartet, es wird auch mehr Busspuren geben. Wir wollen auch ein besseres U-Bahn-Netz. Das wird aber die Stadt über die U5 nach Pasing hinaus, die wir unabhängig von der Förderung bauen, nicht alleine finanzieren können. Wir brauchen eine bessere Förderung durch den Bund und wir brauchen die gesetzlichen Grundlagen für neue Finanzierungsinstrumente wie Nahverkehrsabgabe oder City-Maut.

Das Stadtschiff befindet sich in stürmischer See sagte ich zu Anfang. Wir haben einen klaren politischen Kompass, es zu steuern.

* Der Stadtrat hat sich im Vorfeld dieser Vollversammlung fraktionsübergreifend darauf geeinigt, diese Sitzung wegen des Corona-Risikos möglichst kurz zu halten. Das heißt: Möglichst wenige und möglichst kurze Reden. Außerdem nimmt nur die Hälfte der Stadtratsmitglieder an der Sitzung teil.