Antrag | 18.02.2011

Radwegbenutzungspflicht nur noch als Ausnahme

Antrag

 

Radwegbenutzungspflicht nur noch als Ausnahme

Der Stadtrat möge beschließen:

1. Das Kreisverwaltungsreferat überprüft die Benutzungspflicht an den Münchner Radwegen vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Demnach darf die Benutzungspflicht nur im Ausnahmefall angeordnet werden und es soll den Radlerinnen und Radlern grundsätzlich auch auf stärker befahrenen Straßen die Benutzung der Fahrbahn gestattet sein.

2. Das Kreisverwaltungsreferat informiert alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer über das Recht des Radverkehrs die Fahrbahn zu benützen, sofern keine Benutzungspflicht angeordnet ist.

Begründung

Zu 1: Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig wurde die seit 1997 geltende Rechtslage bestätigt. Nämlich dass die Benutzungspflicht nur im Ausnahmefall angeordnet werden darf, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine außergewöhnliche Gefahrenlage besteht (§45 StVO) und wenn die Kriterien der Verwaltungsvorschrift zur StVO erfüllt sind (ausreichende Breite des Radwegs, sichere Linienführung, guter Zustand des Fahrbahnbelags, ausreichender Platz auch für Fußgängerverkehr, etc.). In München sind noch zahlreiche Radwege benutzungspflichtig, die diesen Kriterien nicht entsprechen. Dieser Zustand mindert die Attraktivität und die Sicherheit des Radverkehrs

Der Radverkehr in München hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dies äußert sich darin, dass 2008 bereits 14 % aller Wege mit dem Rad zurückgelegt wurden (im Vergleich 2002: 10%). Verkehrszählungen des Planungsreferats bestätigen diesen Trend. Viele der Münchner Radwege sind dem Ansturm der Radler nicht mehr gewachsen und können nicht alle gleichzeitig verbreitert bzw. durch Radstreifen ersetzt werden. Die Aufhebung der Benutzungspflicht ermöglicht es, den schnellen Radfahrerinnen und Radfahrern auf der Fahrbahn zu überholen, während der langsamere Radverkehr in der Regel lieber auf dem Radweg bleibt und sich dort zumindest unbeeinträchtigt von überholenden Radlern in gemütlichem Tempo fortbewegen kann (Beeinträchtigungen durch Kfz aus Grundstücksausfahrten, Einmündungen, Fußgänger auf dem Radweg, usw. bleiben). Die Aufhebung der Benutzungspflicht an vielen Münchner Straßen entzerrt damit die Geschwindigkeiten und kommt den Bedürfnissen unterschiedlicher Radlerinnen und Radler entgegen. Wer größere Distanzen zurücklegt, möchte mit dem Rad auch zügig (mit für die Fahrbahn verträglicher Geschwindigkeit) vorankommen.

Die Aufhebung der Benutzungspflicht kommt auch den Interessen der Fußgängerinnen und Fußgänger entgegen, weil in beengten Situationen direkt neben dem Gehweg eher die langsameren Fahrradfahrerinnen und Radfahrer verbleiben, während der schnelle Radverkehr die Fahrbahn nutzt.

Mit der Aufhebung der Benutzungspflicht können Radlerinnen und Radler spontan entscheiden, ob sie sich gerade auf dem Radweg oder auf der Fahrbahn wohler fühlen. Möglicherweise nutzt der gleiche Radfahrer im Stoßverkehr lieber einen evtl. schmalen und ggf. unebenen Radweg während er am Sonntag bei geringem Kfz-Verkehr die Fahrbahn vorzieht.

Nicht zuletzt können bei der Aufhebung der Benutzungspflicht auf vielen Radwegen viele Schilder abgebaut werden. Dies ist ein Beitrag zur Verkehrssicherheit durch den Abbau von Hindernissen und zur Entmüllung des öffentlichen Raums. Auch ohne Beschilderung sind die asphaltierten Radwege im Vergleich zu den Münchner Gehsteigplatten eindeutig erkennbar. In den seltenen Fällen, wo dies nicht der Fall sein sollte, können Fahrradlogos diese Information vermitteln.

Gerade bei Situationen mit vielen Querstraßen und Grundstückszufahrten bedeuten Radwege insbesondere für schnelleren Radverkehr keinen Sicherheitsgewinn, weil die Radfahrerinnen und Radfahrer auf ihnen häufiger vom abbiegenden Autoverkehr übersehen werden. Radverkehr auf der Fahrbahn ist dagegen für den Kfz-Verkehr gut sichtbar. Daher dürften die Unfallzahlen nicht zu- sondern eher abnehmen.

Zu 2: Diese Regelungen sind vielen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern nicht bekannt. Sie sollten nicht nur allen Radfahrerinnen und Radfahrern sondern auch den nicht radfahrenden Autofahrenden bekannt gemacht werden, um Belästigungen der Radfahrenden auf der Fahrbahn durch hupende oder bedrängende Autofahrerinnen und Autofahrer zu reduzieren. Ergänzend sollten diese Regelungen auch bei der Aus- und Weiterbildung der Polizei verstärkt vermittelt werden.

Fraktion Die Grünen – rosa liste
Initiative:
Paul Bickelbacher
Sabine Nallinger