Pressemitteilung | 03.01.2022

Interfraktionelle Initiative zur Aufwertung des Bahnhofsviertels

Die Grünen – Rosa Liste setzen sich für eine umfassende Aufwertung des Bahnhofsviertels ein. „Obwohl die Stadt schon viel unternimmt um die Situation zu verbessern,“ so Stadträtin Clara Nitsche, „konzentrieren sich im Bahnhofsviertel einige der Probleme, die in Großstädten typischerweise anzutreffen sind: Illegale Beschäftigung, Prostitution, Drogenkonsum, Hygiene- und Sauberkeitsdefizite sowie ein genereller Mangel an Aufenthaltsqualität machen Veränderungen notwendig.“

In einem Paket von sieben Anträgen, die in wechselnder Trägerschaft auch von anderen Fraktionen unterstützt werden, machen Die Grünen – Rosa Liste Vorschläge zur Aufwertung des Viertels. Grundlage für das Maßnahmenpaket ist die Studie „Sicherheit in Bahnhofsvierteln (SiBa)“, die mit Förderung der Bunderegierung an der Uni Tübingen entstand. Ziel der Studie war es, Bahnhöfe und ihr Umfeld zu untersuchen und mit neuen Methoden zur Lösung von Problemen beizutragen.

Um die Aufenthaltsqualität zu verbessern sieht das Maßnahmenpaket unter anderem vor, durch eine optimierte Nutzung der Parkflächen für gewerblichen Verkehr mehr Platz zu schaffen, der dann für Fußgänger*innen und andere Nutzungen zur Verfügung steht. In die gleiche Richtung zielt der Vorschlag, im Bahnhofsviertel versuchsweise autofreie Wochenenden und sog. Tokio-Ampelschaltungen einzuführen. Bei letzteren erhalten alle Fußgänger im Kreuzungsbereich gleichzeitig grünes Licht, wodurch auch diagonale Querungen möglich werden.

Mehr Aufenthaltsqualität ist auch das Ziel des Vorschlags, im Bahnhofsviertel für bessere Beleuchtung zu sorgen und mit Monitoren, Laserinstallationen und anderen Formen der Lichtkunst künstlerische Potentiale auszuschöpfen. Weitere Chancen zur Aufwertung des öffentlichen Raums liegen in der Pflanzung von mehr Bäumen und der Begrünung des gesamten Viertels.

Darüber hinaus soll die Stadtverwaltung ein bis zwei geeignete Standorte für Trinkwasserbrunnen ausfindig machen und Flächen für Kunst und Kultur freigeben (beispielsweise für Graffiti oder Veranstaltungen). Mit mobilen Pissoirs und 24 h-Toiletten für Frauen soll die Stadt der Unart des Urinierens im öffentlichen Raum bzw. in Hauseingängen entgegenwirken und mit mehr Abfalleimern und häufigerer Straßenreinigung für ein angenehmeres Erscheinungsbild sorgen. Das Bahnhofsviertel soll auch für Kinder und Jugendliche ein lebenswerterer Ort werden. Um ihnen mehr Angebote für den Aufenthalt im öffentlichen Raum zu machen, sieht ein Antrag vor, die Einrichtung einer Spielstraße oder die Schaffung von legalen Graffiti-Flächen zu prüfen, für die es auf den vielen Bauzäunen aktuell viel Potential gibt.

Das Bahnhofsviertel ist auch ein sozialer Brennpunkt. Mit Hilfen für die einzelnen Zielgruppen soll die Lage der Betroffenen und des sozialen Umfelds verbessert werden. So soll überprüft werden, ob die Tagelöhner, die ihre Arbeitskraft an der Kreuzung Landwehr-/Goethestraße – dem sog. Arbeiterstrich – anbieten, durch legale Jobvermittlungsangebote ihre meist prekären Arbeitsbedingungen überwinden können. Ein Angebot an Schließfächern, am besten gekoppelt an soziale Einrichtungen, soll sie bei der Bewältigung ihres Alltags entlasten und die Suche nach Arbeit erleichtern.

Die große Teile des Stadtgebiets umfassende Münchner Sperrbezirksverordnung zwingt Sexarbeitende im Bahnhofsviertel, ihre Tätigkeit sorgfältig zu verbergen und drängt sie in die Illegalität. Das erschwert den Kontakt und Hilfsangebote an die meist jungen Männer und Frauen, die häufig aus Romagruppen in Bulgarien und Rumänien stammen und aus materieller Not ihre Dienste anbieten. Einer der Anträge fordert daher, die Einrichtung von Notschlafplätzen für Sexarbeitende zu prüfen und die aufsuchenden Angebote der Sozialarbeit gegebenenfalls zu erhöhen.

Das Bahnhofsviertel ist auch ein Brennpunkt des Drogenkonsums und der Beschaffungskriminalität. Oft beklagen Anwohnende und Geschäftsleute, dass gebrauchte Spritzen im öffentlichen Raum entsorgt werden. Notwendig sind daher ausreichende adäquate Entsorgungsmöglichkeiten, die vor allem in öffentlichen Toiletten sinnvoll wären. Suchtkranke sind häufig gesundheitlich instabil und haben keine feste Bleibe. Auch sie brauchen Notschlafstellen und würden außerdem von Drogenkonsumräumen profitieren, wo Suchtkranke unter hygienischen Bedingungen Drogen konsumieren können und wo ihnen falls erforderlich rasch geholfen werden kann. Dazu sagt Clara Nitsche: „Konsumräume retten Menschenleben! Für die Drogenkonsumräume gibt es im Münchner Stadtrat eine breite Mehrheit, die bis ins konservative Lager reicht. Wir bitten daher den Oberbürgermeister, sich bei der Staatsregierung noch einmal für diese Rückzugsräume einzusetzen. Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern sind gut – dort tragen die Konsumräume entscheidend zur Reduzierung von Drogennot- und Drogentodesfällen bei, weil die Mitarbeiter*innen dort durch schnelles, kompetentes Eingreifen Leben retten können. Und auch das soziale Umfeld profitiert enorm von der Verlagerung des Drogenkonsums aus dem öffentlichen Raum in eigens dafür vorgesehene Räume.“

Das Problem der Obdachlosigkeit ist Gegenstand eines weiteren Antrags, der die Stadtverwaltung auffordert, die Einrichtung weiterer Tagestreffs und Aufenthaltsräume in Bahnhofsnähe zu prüfen. Dabei sollen zielgruppenspezifische Angebote für Frauen und für Menschen mit Hunden untersucht werden. Wichtig ist für Obdachlose sind vor allem Wasch- und Duschmöglichkeiten, die entsprechend in die Räume zu integrieren wären.