Das Fünf-Punkte-Papier für die Kultur von Dr. Florian Roth

Kultur ist für mich das Lebenselixier der Demokratie. Gerade in Zeiten, die von
Veränderungen und Umbrüchen geprägt sind, kann die Kunst auf sinnliche Weise andere
Perspektiven zeigen und den Horizont erweitern. Für mich sind ganz konkret folgende Ziele für die Kulturpolitik der nächsten Jahre zentral:

1. Existenzsicherung in finanziell schwierigen Zeiten

Steigende Kosten lassen kleine kulturelle Gruppen, freie Theater, aber auch
städtische Einrichtungen wie die Pasinger Fabrik um ihren Bestand fürchten.
Kulturpolitik muss sich auch mit begrenzten Haushaltsmitteln allererst um Bestand
und Existenzsicherung kümmern, damit nicht wesentliche Teile des kulturellen
Lebens wegbrechen. Im teuren München dürfen Kulturschaffende nicht um ihre
Existenz bangen müssen.

2. Kulturelle Teilhabe fördern

Das typische Kulturpublikum ist laut einer Hamburger Studie um die 50, verfügt über
mittleres oder höheres Einkommen und hat keine Migrationsgeschichte. Kulturelle
Teilhabe ist mir ein zentrales Anliegen: Unabhängig von Geldbeutel, Herkunft und
Alter sollen alle sich aktiv am Kulturleben beteiligen können – und das nicht nur im
Stadtzentrum. Wir als vielfältige Stadt brauchen mehr offene, niederschwellige und
partizipative Angebote gerade vor Ort.

3. Mehr Raum für Kultur

Kultur braucht Räume – und zwar bezahlbare. Deshalb will ich die Mischung
zwischen Kreativen, Handwerk und Zwischennutzung im Gasteig HP8 in der
Hans-Preißinger-Straße dauerhaft erhalten, im Haidhauser Gasteig durch
Zwischennutzungen so lang wie möglich kulturelle Angebote machen und ihn als
wichtiges Herzstück der Münchner Kultur in die Zukunft führen, das Kreativlabor in
der Dachauer Straße langfristig sichern, die Jutier- und Tonnenhalle zu einem
Zentrum der freien Szene mit internationaler Strahlkraft machen. Wir brauchen
insgesamt mehr bezahlbare Ateliers und Probenräume, Stadt, Staat und
nichtstaatliche Akteure müssen hier noch enger zusammenarbeiten. Ich will eine
Task Force für dauerhafte Räume und Zwischennutzungen einrichten und eine
referatsübergreifende Beiratsstruktur gemeinsam mit der Kulturszene schaffen, die
auch die Frage nach mehr Räumen für Kultur als zentrales Thema behandelt.

4. Subkultur und Popkultur fördern

Die Konzerte von Adele am Messegelände waren beeindruckende Events für
München. Aber die Popstadt München ist mehr: Wir haben hier tolle Bands, die wir
besser unterstützen müssen, wir haben Veranstalter vor Ort, die kreative und
vielfältige Angebote machen können. Ich möchte ein Open-Air-Konzept entwickeln,
die Nutzung von Konzertsälen und -hallen für mehr Sparten zugänglich machen,
Konzepte für die Popförderung entwickeln und eine lebendige Sub- und Club-Kultur
fördern. (Eine Anmerkung: Der Kultur- und Medienbereich zahlt übrigens fast doppelt
so viel Gewerbesteuer wie Hotels und Gastronomie. Auch wirtschaftlich liegt es im
Interesse der Stadt, bessere Bedingungen zu schaffen.)

5. Demokratie und Erinnerungskultur stärken

Angesichts des wachsenden Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus ist
Kultur und insbesondere Erinnerungskultur eine Brandbauer zur Verteidigung der
Demokratie. Wir haben die Abteilung Public History im Kulturreferat geschaffen und
ausgebaut; ich möchte sie weiter stärken und die Zusammenarbeit auf Augenhöhe
mit Zivilgesellschaft und Bildungseinrichtungen intensivieren. Erinnerungskultur im
öffentlichen Raum ist mir ein Herzensanliegen: In München sollten wir lieber
Menschen, die im Widerstand kämpften, als solche, die den Nazis den Weg
bereiteten, mit Straßennamen ehren. Ich habe vorgeschlagen, dass ein Kunstwerke
Nähe Ettstraße, wo von der Polizeizentrale die Deportation der Roma und Sinti
ausging, an das Schicksal dieser Minderheit erinnert und bin froh, dass wir es
beschließen konnten – die Eröffnung möchte ich vorantreiben. Die Stadt hat das
Rachel-Salamander-Archiv erhalten, das bald aufgearbeitet und präsentiert werden
soll; die Reichbachsynagoge wird mit städtischer Unterstützung renoviert, ich
möchte, dass sie ein wichtiger Lernort wird. Kultur ist vielleicht der bessere Verfassungsschutz.