Pressemitteilung | 07.07.2011

Auch ohne Olympische Spiele: Den Schwung der Bewerbung für die Stadtentwicklung nutzen!

Pressegespräch am 7. Juli 2011

mit
Lydia Dietrich, Fraktionsvorsitzende
Siegfried Benker, Fraktionsvorsitzender
Auch ohne Olympische Spiele:
Den Schwung der Bewerbung für die Stadtentwicklung nutzen!

München hat die Spiele nicht bekommen – das ist sicherlich eine herbe Enttäuschung – auch und gerade für die Grünen im Stadtrat, die das ambitionierte Bewerbungskonzept gegen heftige innerparteiliche Kritik verteidigt haben. Die grün-rosa Fraktion war und ist der Überzeugung, dass das Umweltkonzept der Münchner Bewerbung neue ökologische Maßstäbe bei der Planung und Veranstaltung großer internationaler Sportereignisse hätte setzen können.

Einer erneuten Bewerbung Münchens – für die Winterspiele Spiele 2022 – wird die Grüne Fraktion nicht zustimmen. Neben der Beschlusslage der Grünen Parteibasis fallen hier die finanziellen Schwierigkeiten ins Gewicht, die mit der Bewerbung verbunden waren. Anders als beabsichtigt konnte sie nicht völlig ohne Geld des Steuerzahlers finanziert werden. Eine erneute Kandidatur birgt außerdem das Risiko, dass wichtige Zukunftsfragen der Stadt erneut auf den Wartestand geschoben werden und wieder vier Jahre vergehen, bis endlich Entscheidungen fallen. Das ist vor allem im Falle der 2. Stammstrecke nicht mehr hinnehmbar.
Darüber hinaus stellen sich auch die Olympiabefürworter bei den Grünen die Frage, ob eine demokratisch verfasste Gesellschaft sich der gelinde gesagt recht einseitigen Vertragsgestaltung des IOC fügen sollte.

Das Scheitern der Münchner Olympiabewerbung darf jetzt nicht zu einem Stillstand bei dringenden Projekten der Stadtentwicklung führen. Die Stadt sollte daher nun genau prüfen, welche Teile des Bewerbungskonzepts auch ohne den Zuschlag für die Spiele realisiert werden können. Wir sind davon überzeugt, dass im Bewerbungskonzept zahlreiche Ideen und Konzepte für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung stecken, die jetzt nicht einfach in der Schublade verschwinden dürfen.

Die Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa liste geht sehr bewusst schon heute – einen Tag nach der für München negativen Entscheidung des IOC – mit einem Antragspaket an die Öffentlichkeit, um einige herausragende Projekte des Bewerbungskonzeptes dennoch zu verwirklichen. Natürlich ist es unmöglich, für all diese Ziele heute schon fertige Finanzierungsmodelle anzubieten. Doch es ist keine Zeit zu verlieren – die Stadt darf nicht einfach die Flinte ins Korn werfen. Es kommt jetzt darauf an, Kräfte freizumachen und Partner zu finden, um die Chancen zu nutzen, die das Bewerbungskonzept auch ohne den Zuschlag für die Spiele bietet. Darüber hinaus sind einige wichtige verkehrspolitische Weichenstellungen vorzunehmen.

Die grün – rosa Stadtratsfraktion beantragt zu prüfen, ob und wie die wichtigsten Bausteine des Bewerbungskonzeptes trotz der für München negativen Olympia-Entscheidung verwirklicht und finanziert werden können. Im Einzelnen geht es dabei um folgende Projekte:

den Neubau der Multifunktionshalle am Standort der Event-Arena und den Neubau des Eissportzentrums im Olympiapark, denn für sie gibt es auch ohne Olympische Spiele Bedarf. So ist das Eissportzentrum so marode, dass ein Neubau einer Sanierung vorzuziehen ist. Auch die Event-Arena würde mit den geplanten 7000 Zuschauerplätzen das Hallenspektrum in München sinnvoll ergänzen;

  • die energetische Sanierung von Olympiahalle, Olympia-Schwimmhalle und Olympiastadion, denn dies würde zu einer Reduzierung des Energieverbrauchs um mindestens 30% führen und könnte sich auch finanziell rechnen;
  • den Bau einer Wohnsiedlung analog des geplanten olympischen Dorfes im Plusenergiestandard, falls nicht anders möglich auch auf einem anderen Grundstück, denn eine Plusenergiesiedlung in dieser Größenordnung wäre ein weithin sichtbares Leuchtturmprojekt für die vielfältigen Klimaschutzbemühungen der Landeshauptstadt München;
  • die Kompensation von nicht vermeidbaren CO2-Emissionen bei Großveranstaltungen in München weiter zu betreiben. Entsprechende Konzepte für die Olympischen Spiele sollen für Kongresse, Messen oder das Oktoberfest angepasst werden;
  • die Verwendung regionaler, fair gehandelter und möglichst ökologischer Produkte bei allen Veranstaltungen im Einflussbereich der Stadt München, denn aufgrund der vielen Lebensmittelskandale ist der Wunsch der KonsumentInnen nach „sauberen“ und gesunden Lebensmitteln immer stärker zu spüren.
  • das Konzept „grün bewegt“, um den Ausbau der Grünverbindungen und Wegebeziehungen für die Erholung, den Naturschutz, für Freizeit- und sportliche Aktivitäten zügig voranzubringen und die dafür notwendigen Flächen zu sichern – z.B. die Grünverbindung Olympiapark – Drei-Seen-Platte und das Landschaftskonzept Münchner Norden.

Die Entscheidung über die Olympischen Spiele wirkt sich darüber hinaus auf eine Reihe wichtiger verkehrspolitischer Planungen aus – vor allem natürlich auf den Ausbau der S-Bahn. Mit der für München negativen Olympia-Entscheidung ist auch die Hauptfinanzierung des 2. Stammstreckentunnels durch den Bund in weite Ferne gerückt. Bund und Bahn sind nun gefragt, rasch eine klare Entscheidung über die Zukunft der 2. Stammstrecke herbeizuführen. Es darf nicht noch einmal einen Stillstand von mehreren Jahren geben, indem eine Regierung die Verantwortung an die nächste weitergibt. Die leidgeprüften Fahrgäste der Münchner S-Bahn brauchen jetzt realistische Konzepte, wie die Missstände bei der S-Bahn abgestellt werden und ein leistungsfähiger und zuverlässiger Nahverkehr von der Stadt in die Region garantiert werden kann. Die Stadt München und ihre Bürgerinnen und Bürger brauchen endlich Planungssicherheit, wie es im Zentrum und den von den Planungen betroffenen Innenstadtrandgebieten weitergehen soll. Um eine jahrelange Baustelle im Herzen der Landeshauptstadt zu verhindern hat der Stadtrat beschlossen, ohne eine gesicherte Finanzierung der 2. Stammstrecke die Realisierung der Neugestaltung des Marienhofs im Jahr 2012 mit Nachdruck fortzusetzen.

Die Grünen – rosa liste beantragen daher:

  • die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG aufzufordern, die Gesamtfinanzierung der 2. Stammstrecke bis zum Jahresende zu klären;
  • die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG erneut zu bitten, unverzüglich mit der Umsetzung der bereits mehrfach benannten Sofortmaßnahmen für die Ertüchtigung des Bahnknotens München zu beginnen, um die Störanfälligkeit des S-Bahnsystems rasch zu vermindern;
  • die Deutsche Bahn AG aufzufordern beim Umbau des Münchner Hauptbahnhofs den siegreichen Wettbewerbsentwurf von „Auer-Weber“ zu realisieren, denn der wesentliche Grund für die Abkehr der DB von diesem Entwurf – die notwendige Fertigstellung der Fassade bis 2018 – ist entfallen;
  • den Ausbau des Föhringer Rings nicht weiter zu verfolgen, denn dieses Straßenbauprojekt ist nun überflüssig.