Antrag | 09.09.2016

Eine Citymaut für München

Antrag

  1. Der Oberbürgermeister fordert den Freistaat Bayern auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Citymaut für bayerische Kommunen zu schaffen.
  2. Die LHM vergibt – in Zusammenarbeit mit dem Freistaat Bayern – eine Studie zur Ausgestaltung und Umsetzung einer Citymaut mit den folgenden Eckpunkten:
  • Einführung einer Cordon-Maut mit dem Umgriff mindestens der heutigen Umweltzone
  • Bezahlen pro Einfahrt (ggf. Tageskarten) mit Tarifen, die sich an den ÖV-Tarifen orientieren (ähnlich Bsp. Mailand)
  • Einfache Differenzierung nach Schadstoffklassen mit Freifahrt für Elektromobile und Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb
  • Längerfristig ggf. km-abhängig mit weiteren Preisdifferenzierungen (Ideenteil der Studie).

Die gegenwärtig an der Universität der Bundeswehr erstellte Doktorarbeit über die Auswirkungen verschiedener Modelle einer Citymaut ist in die Studie mit einzubeziehen.

 3. Die Studie zur Citymaut wird Bestandteil des Luftreinhalteplans der LH München.

 

Begründung:

Seit dem Jahr 2005 können die Bundesländer per Gesetz die Einführung einer Citymaut regeln, wenn sie dieses Instrument für geeignet halten. Dazu bedarf es keiner besonderen Ermächtigung durch den Bund. Insofern ist der Freistaat Bayern angesichts der Klage der Deutschen Umwelthilfe gefordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Citymaut in Bayern zu schaffen, um den Kommunen ein wirkungsvolles Instrument gegen die Schadstoffbelastung der Luft zu geben.

Im Gegensatz zum reinen Ordnungsrecht steuert eine Citymaut auch mit marktwirtschaftlichen Anreizen, die möglichst verursachergerecht sein sollten. Insofern scheidet eine Maut, wie sie dem Bundesverkehrsminister für die Autobahnen vorschwebt, aus, weil sie keinen Steuerungseffekt hat. Wenn jedoch jede einzelne Fahrt in das Stadtgebiet hinein etwas kostet, schafft das den Anreiz dies seltener zu tun.

Die Citymaut sollte eng mit der Umweltzone und mit der Blauen Plakette verknüpft sein und diese sinnvoll ergänzen. Dies erfolgt durch eine Verknüpfung der marktwirtschaftlichen Elemente mit ordnungspolitischen Elementen im Zuge der Differenzierung nach Schadstoffklassen, die jedoch nicht zu kompliziert werden sollte. Angesichts des Hauptproblems der NOx-Grenzwerte sollten z.B. Otto-Motoren gegenüber den Diesel-Motoren bessergestellt werden und Elektrofahrzeuge umsonst einfahren dürfen. Insgesamt könnten hinsichtlich der Detailregelungen und der Tarife viele Ideen des neuesten Modells einer Cordon-Maut – nämlich des Modells Mailand – übernommen werden.

Aufgabe einer Studie wäre eine Abwägung zwischen mehreren Varianten bei den Tarifsystemen, sowie die überschlägige Abschätzung der Kosten des Aufbaus der technischen Voraussetzungen für die Entgelterhebung.

Verursachergerechter und stadtstrukturell vorteilhafter als eine Cordon-Maut wäre eine kilometerabhängige zeitlich und räumlich differenzierte Straßenbenutzungsgebühr, die zwischen stärker bewohnten Straßen und anbaufreien Straßen differenziert und die auch Stauzeiten und Nachtruhe ab 22 Uhr berücksichtigt. Im Ideenteil der Studie wäre zu klären, ob die Vorteile der weiteren Differenzierung den Mehraufwand der Entgelterhebung rechtfertigen würden.

Erfahrungen aus London und Stockholm zeigen, dass die Citymaut keinerlei negativen Effekt auf die Geschäfte des Einzelhandels hatte – im Gegenteil: „In der Mautzone ansässige Hotels, Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte verzeichneten eine stärkere Wirtschaftsleistung seit Einführung der Maut und überflügelten andere Viertel Londons außerhalb der Zone.“ (D. Leihs, Th. Siegl, M. Hartman: City-Maut, Wiesbaden 2014, S.127). Für Stockholm kommt dieselbe Studie zu dem Ergebnis: „Die Auswirkung des Versuchsbetriebes auf den Einzelhandel im Großraum Stockholm sind gering.“ (S.136)

Grundsätzlich ist jeder wirtschaftliche Anreiz, der zur Änderung eines im Sinne des Umweltschutzes unerwünschten Verhaltens eingeführt wird, dem Vorwurf mangelnder Gerechtigkeit ausgesetzt. Trotzdem wirken wirtschaftliche Instrumente wie Flaschenpfand, die Ökosteuer oder die Staffelung der Kfz-Steuer nach Schadstoffausstoß zielgenau und sind volkswirtschaftlich effizient. Im Durchschnitt sollte sich das Preisgefüge in etwa an den ÖV-Tarifen orientieren, so dass sich jede(r) die Zufahrt in die Innenstadt leisten kann, wenn er ein Auto braucht.
Um zu gewährleisten, dass die Bewegungsdaten von vielen tausend Menschen nicht missbraucht werden, ist eine RFID-Technik anzuwenden, die eine Erkennung des Nummernschildes nur dann auslöst, wenn ein RFID-Chip, der mit Zahlung der Maut erworben wird, kein Signal sendet. Beispielsweise in einer Plakette verarbeitet könnte der Chip somit als „Prepaid“-System ganz einfach an Tankstellen verkauft werden.
Die Erfahrung zeigt, dass die Akzeptanz der Citymaut steigt, wenn sie erst einmal eingeführt ist und die Menschen die positiven Auswirkungen wahrzunehmen beginnen. So hatte der Plan für eine Citymaut in Stockholm anfangs nur eine Zustimmungsrate von 36 Prozent. Nach einer Probezeit stimmten dann 53 Prozent für die dauerhafte Einführung ab 2007. 2011 waren bereits 74 Prozent der Stockholmer für eine Citymaut.
Die Studie für eine Citymaut dient in großem Maße der Weiterentwicklung der Luftreinhaltung der Stadt München und sollte in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden.
Wir bitten, wie in der Geschäftsordnung des Stadtrates vorgesehen, um eine fristgemäße Bearbeitung unseres Antrages.

Fraktion Die Grünen-rosa liste
Initiative:
Paul Bickelbacher
Dominik Krause
Florian Roth
Sabine Krieger
Sabine Nallinger
Herbert Danner

Mitglieder des Stadtrates